Nichts kann ich berichten, denn fast nichts habe ich erlebt. Ich habe mich in die Hütte zurückgezogen, da auf die Veranda schon lange die Sonne ihren Weg gefunden hat. Sie brannte mir auf die Füße und ich trat den Rückzug an. Es ist heiß, so um die 34 Grad und die Luft ist verdammt feucht. Tropen eben. Man schwitzt hier garantiert jeden Tag einen ganzen Menschen aus.
Der Deutsche hier auf der Ranch, der hat eine Herde Pferde. Er erklärte beim Frühstück, dass die Tiere in der Trockenzeit nur wenig Futter finden und er auch nur wenig auftreiben könne. Sie setzen sich dann ihrer Rangordnung entsprechend durch -der Chef frisst und wenn etwas übrig bleibt, bedienen sich die Nächststärkeren. Die drei schwächsten Herdentiere seien nun tatsächlich doch sehr abgemagert. Er ist sehr froh um das Einsetzen der Regenzeit und kündigte schon mal an, dass in den nächsten Tagen die männlichen Termiten ausschwärmen würden. Man könne dann kein Licht anmachen, da sich sonst ein schwarzer Pulk darauf stürzen würde. Das Ganze dauere dann aber nur drei, vier Stunden.
Schon gestern fielen die Unmengen kleiner Mückchen auf, die am Seeufer den Boden mit einer schwirrenden Schicht überzogen. Glücklicherweise stechen sie nicht. Und glücklicherweise finden sie den Weg zur Finca nicht, die am Fuße des kleineren der beiden Vulkane nur wenig höher als der See liegt.
Ein Tausendfüßler verirrte sich ins Haus -ich musste ihn töten.
Auch schleppen sich immer wieder halbtote Käfer über den Fußboden. Am nächsten Morgen haben sie dann ihr Leben ausgehaucht. Sie erinnern an etwas kleinere Maikäfer. Wie schaffen sie den Weg in die Hütte, wo dich an allen Fenstern Moskitogitter hängen? Sie brummen heftig wenn sie fliegen und gehen auch regelmäßig auf Kollisionskurs mit uns.
Am Morgen, als Julia Kaffee zubereitete, da blickte sie plötzlich entgeistert in Richtung Bett (in dem ich noch saß) und streckte den Zeigefinger wild gestikulierend in meine Richtung. Der eine oder andere Schrei entfuhr ihr ebenfalls -aber nichts das mir erklärte, was sie da sah. Sie hatte einen handgroßen schwarzen Skorpion entdeckt, der sich von ihrem Kopfkissen weg und unter die Matratze bewegte. Mit meiner Sandale in der Hand ging ich auf Jagd. Ich schüttelte die Matratze, sprang auf ihr herum, um das Tier herauszutreiben. Es blieb verschwunden. Buenas noches…
Der Deutsche berichtete auch von Haien, die es in dem See gäbe. Nicht hier, aber an anderer Stelle in diesem, am Bodensee gemessenen, mehr als 15 mal so großen Nicaraguasee . Es sind tatsächlich Süßwasserhaie, die außer hier nur noch in einem weiteren See in Afrika vorkämen. Wiki kennt zwar noch drei, vier weitere Orte, selten ist er aber allemal. Wiki weiß auch, dass der Bullenhai Menschen zum fressen gern hat.
Auf den erdigen Straßen des zehn Minuten entfernten Ortes kommen einem Kühe mit beeindruckenden Hörnern entgegen. Stiere hauen sich Ihre Köpfe ein. Aber auch Pferde, hellbraune Schweine und natürlich Hühner tummeln sich dort, wo sie gerade wollen. Überall stehen sehr hohe Mangobäume, von denen immer wieder Früchte herunterfallen. Die Schweine lutschen sie genüsslich aus. -Ich sollte hier mal einen Schweinebraten essen…
Papageie krächzen unbeholfene Lieder -nein, sorry, das ist zu viel der Ehre. Sie sind schön, wunderbar grün. Die Laute, die sie von sich geben, sind es nicht.
Abends stehen im See Frauen um Holzpodeste im hüfthohen Wasser. Die Podeste dienen als Waschtische, auf denen sie die Kleidung reinigen. Männer wiederum stehen um kleine Boote und verteilen den Fang des Tages unter sich.
Das einfache open air Restaurant am Seeufer bereitet uns leckeren Fisch und frischen Maracujasaft. Später kredenzen sie nicaraguanisches Toña Bier in Ein-Liter-Flaschen. Latinomusik schallt angenehm aus Lautsprechern. Wir sind die einzigen Gäste.
Später machen wir uns auf den Rückweg. Es ist ein holpriger Weg, wie so oft. Aber die letzten 10 Minuten zur Finca, die sind fast nur Steine. Lavabrocken, die einer der beiden Riesen über die Insel gespuckt hat. Der Weg führt uns aber auch durch einen kleinen Wald. Es ist der Glühwürmchenwald. Wir bleiben immer wieder stehen, schalten unsere Taschenlampen aus und bewundern das Feuerwerk das sie jeden Abend für uns zünden.
Es ist hier, auf der an eine Acht erinnernden Insel Ometepe, doch noch reichlich idyllisch. Alles geht seinen ruhigen Gang.
Keine Hektik.
Ideal, um nichts zu erleben.