Vorwort
Mittlerweile sind seit meiner durchwachsenen Flugerfahrung schon einige Tage vergangen und ich habe mich gut in Costa Rica eingelebt.
Aufmerksame Leser werden nun beanstanden, dass ich ja in Nicaragua gelandet bin und nicht etwa in Costa Rica – aber ich kann mich teleportieren, deshalb bin ich jetzt hier.
Costa Rica ist ein fantastisches Land, die Flora ist außergewöhnlich und es gibt sehr viele Tiere, die man sonst nur aus diesem Internet kennt. Ich verzichte an dieser Stelle auf das Einfügen von knapp 200 Tierfotos und verweise stattdessen auf das die Costa Rica Fotoalben hier auf Globnauten.de – Eric hat sowieso die bessere Kamera und im Fotografieren bin ich in etwa so gut wie in Spanisch.
Das einzige was mir an Costa Rica etwas stinkt, ist die Toilettenpapiersituation. Ein Schild, welches in einem unserer Hotels an der Toilette hing, fasst es sehr gut zusammen: „Please don’t put anything into the toilet, unless you have eaten it first!“ – oder mit anderen Worten: Es gibt kleine Mülleimer neben den Toiletten, in die man das benutzte Papier werfen kann. Eigentlich ist dies kein Problem, da die Mülleimer immer perfekt schließen und es deshalb zu keiner Geruchsbildung kommt – leider ist der erste Teil dieses Satzes gelogen, gerade in öffentlichen Toiletten haben die Eimer meist keinen Deckel, geschweige denn Menschen, die sie regelmäßig ausleeren oder irgendeinen Fliegenschutz. Aber daran gewöhnt man sich – in etwa so gut wie an Fußpilz.
Nun aber zu dem im Titel angepriesenen Tag, Donnerstag, den 19. Mai!
Der 19. Mai
Der Tag begann für uns gegen halb 6 (Ich hätte auch niemals gedacht, dass ich freiwillig zu so einer Zeit aufwachen würde – die einzig logische Erklärung sind übernatürliche Kräfte) im wunderschönen Zimmer unseres Hotels in Puerto Jeminez.
Langsam und gemächlich machten wir uns fertig, nahmen ein ausgewogenes Frühstück ein (in meinem Fall bedeutet das ungetoasteten Toast mit Erdbeermarmelade aus der Plastiktube) und schmiedeten einen Tagesplan.
Wir wollten den Nationalpark Corcovado besuchen, der etwa 1 ½ Autostunden von unserem Hotel entfernt lag – für uns bedeutet dies im Normalfall nur ca. 1 Stunde Fahrt da nicht mit einberechnet wird, dass unser Mietwagen über einen four-wheel-drive verfügt und von Eric gefahren wird.
Frohen Mutes brachen wir also gegen 10:00 Uhr auf, wir hatten uns die Route vom Hotelbetreiber erklären lassen und außerdem zwei Landkarten dabei – eine offline-app sowie eine echte Analogkarte aus dem Jahr 1800 (eventuell auch 1995, Jugendliche meiner Generation haben keinerlei Vorstellung von einer Zeit vor den Smartphones).
Nach ca. 20 Minuten Fahrt befanden wir uns bereits in Gefilden ohne Handyempfang, aber echte Abenteurer wie die „Globonauten“ + „das nicht ganz so globale Patenkind“ (In diesem Fall bin ich gemeint, auch wenn wir über den Titel noch streiten) lassen sich davon natürlich nicht abschrecken.
Die Straße wurde zunehmend schlechter, selbst für die hierzulande herrschenden Verhältnisse.
Für alle die noch nie das Glück hatten, eine Straße in Costa Rica befahren zu haben, hier ein kleiner Vergleich: Stellt euch vor ihr fahrt mit eurem SUV durch ein Feld – allerdings ist das Feld voller Steine, zwischen 30 und 90 Zentimeter tiefen Löchern und Wildtieren – Das ist die durchschnittliche Straße hier in Costa Rica(Captain Obvious merkt an: Felder sind NICHT geteert, in diesem Beispiel bestehen sie viel mehr aus einer Sand-Gesteinmischung). Wie bereits erwähnt, war unsere Straße jedoch besonders schlecht – deshalb gibt es in dem Feld auch noch Flüsse, umgefallene Bäume und tief fliegende Vögel.
Für Eric und den four-wheel-drive bedeuten all diese Umstände allerdings in etwa so viel wie für den durchschnittlichen Mercedesfahrer ein „Vorfahrt gewähren“ Schild – absolut gar nichts – weswegen wir tatsächlich gut vorankamen.
Von Kühen und Stränden
Irgendwann sahen wir auf einer Weide am Straßenrand eine Herde Kühe, woraufhin Julia und ich lautstark zu quengeln begannen, dass diese unbedingt gestreichelt werden müssten.
Gesagt getan, wir hielten an und gingen zu dem Zaun.
Leider mochten die Kühe uns nicht halb so gerne wie wir sie und entfernten sich im Galopp vom Zaun als wir ihnen zu nahe kamen – ein herber Rückschlag. Wir fuhren also weiter und Julia verlangte als Entschädigung für die Kuhlosigkeit einen Strandbesuch, an dem Strand der nur ca. 200 Meter Luftlinie von unserer Straße entfernt war. Leider wurden diese 200 Meter durch eine knapp 20 Meter hohe Wand aus Felsen und Bäumen gestärkt, weswegen wir den Traum vom kühlen Nass zeitweise schon beinahe aufgaben – doch das Warten sollte sich lohnen.
Nach einiger Zeit lichteten sich die Bäume am Straßenrand und gaben den Blick auf diese Perle der Natur frei. Nicht nur, dass wir kilometerweit die einzigen Menschen an diesem Strand waren, umherfliegende Papageien und von den Bäumen gefallene Kokosnüsse bekräftigten das Gefühl, die ersten Menschen an diesem Ort der Welt zu sein, noch weiter. Zwar waren wir uns zu diesem Zeitpunkt schon einig, dass die lange Fahrt sich gelohnt habe, doch das beste sollte noch folgen!
Der steinerne Weg zum Paradies
Schweren Herzens trennten wir uns von dem Strand und fuhren weiter Richtung Corcovado – langsam zeigten sich erste Vorläufer der Zivilisation und es tauchte sogar ein kleiner Flughafen am Wegrand auf. Flughafen ist vielleicht ein wenig euphemistisch, handelte es sich doch vielmehr nur um eine Landebahn – aber es gab dort offensichtlich Flugverkehr. Der Fairness halber muss man erwähnen, dass diese Art von „Flughäfen“ in Costa Rica etwa so verbreitet ist wie in Deutschland Tankstellen, trotzdem deuten sie meistens auf Bewohner in näherer Umgebung hin – dieser sollte jedoch eine Ausnahme bleiben.
Nach der Landebahn wurde die Straße erneut schlechter. Blieben wir bei unserem Feldbeispiel, müsste man sich nun auch noch Steigungen von etwa 40° mitten auf dem Feld vorstellen – da dieses Feld aber langsam unrealistisch wird, werde ich ein paar Randdaten auflisten:
1. Wir fuhren durch einen Fluss, in dem ein paar Meter stromaufwärts Leute nach Gold suchten.
2. Am Rande des Flusses begann ein Berg, der so steil war, dass selbst unser four-wheel-drive Probleme bekam.
3. Während der Auffahrt gab es Schlaglöcher die so tief waren, dass man ganze Kleinstädte darin hätte verschwinden lassen können.
4. Die Straße war so schmal, dass neben unserem Auto höchstens noch ein halber Fußgänger auf ihr hätte gehen können.
5. Das Auto hat so sehr gewackelt, dass mein Handyladekabel regelmäßig von selbst aus dem Anschluss fiel, woraufhin mein Handy fast unter 99% Strom gefallen wäre.
Und zu guter letzt, Erics Lösung für all diese Probleme: „Wir brauchen einfach mehr Schwung, dann kommen wir da auch hoch!“
Gesagt getan, wir flogen also praktisch den Berg hinauf und erreichten irgendwann dieses Schild:
Neugierig geworden konnten wir es kaum erwarten, den Ort namens Luna Lodge zu erreichen – und tatsächlich wurde die Straße zunehmend besser, irgendwer hatte sogar dafür gesorgt, einige kopfsteingepflasterte Passagen zu erzeugen – wir fühlten uns wie im Traum. Am Ende des Weges erwartete uns ein Parkplatz, auf dem einige Jeeps standen. Wir stiegen aus um uns zu erkundigen, wo es denn zu dem Nationalpark ginge – die Straße endete nämlich in dem Parkplatz und die letzte Abzweigung lag gute 5 Kilometer hinter uns.
Luna Lodge – der Himmel auf Erden
Empfangen wurden wir von einem Herrn samt Tablett mit 3 Gläsern voller eisgekühlten Wassers und einer freundlichen Amerikanerin, die uns erklärte, dass wir bei dem Flughafen hätten links abbiegen müssen – Dies hier sei aber ihr Hotel und zufällig ist das Mittagessen gerade fertig. Wir folgten ihr in das Hotelrestaurant, welches sich vor allem durch den Blick auszeichnete: Kilometerweit konnte man ins Tal sehen, in dem sich der Regenwald bis an die Küste fortsetzte. Das folgende Foto ist trotz des begabten Fotokünstlers Eric leider nicht einmal ansatzweise in der Lage, die Aussicht wiederzugeben:
Das Mittagessen bestand aus einem Salat aus den „own organic gardens“ die sich hinter dem Restaurant befanden – eigentlich kann man mich mit Salat jagen, diese außergewöhnliche Kreation aus frischsten Zutaten jedoch würde ich Tag und Nacht jedem anderen Essen vorziehen. Dazu gab es frisch gepresste Smoothies aus allen Früchten, die das Herz begehrt und die Wassergläser wurden stets nachgefüllt, ließ man sie auch nur eine Sekunde aus den Augen. Während des Essens berichtete uns die Hotelbetreiberin, dass der Corcovado Park ohnehin nur mit vorheriger Reservierung sowie einem nicht ganz billigen Guide betretbar sei und wir es deshalb für heute gleich bleiben lassen könnten. Stattdessen bot sie uns an, den etwa einstündigen Wanderpfad um das Gelände einzuschlagen, der direkt durch den primary Rainforest führte und einige tolle Ausblicke bot.
Der Pfad war mühsam, für jeden der etwas mit Natur anfangen kann, jedoch absolut einzigartig. Umgeben von riesigen Bäumen, exotischen Pflanzen und Rufen der Brüllaffen erklommen wir die steilen Wege bis wir uns auf der Höhe der Baumkronen befanden. Das absolute Highlight des Pfades war allerdings die Yogaplattform der Hotelanlage, an der der Wanderpfad endete.
Hier einige fotografische Eindrücke der einzigartigen Plattform, an der sich auch Leute, die absolut nichts für Yoga übrig haben, erfreuen können.
Es war zwar sehr schwierig, sich von dem fantastischen Ausblick zu lösen, wir wollten aber noch den Waterfall trail entlanglaufen, obwohl wir uns aufgrund der eher mageren Regenzeit nicht allzu viel von den Wasserfällen erhofften. Drei Wasserfälle bot der Weg, wir steuerten nur den größten an, der trotz des wenigen Wassers durchaus beeindruckend war.
Zurück an der Hotelanlage wurden wir erneut mit eiskaltem Wasser und freundlichen Worten empfangen, Julia konnte nur knapp dem Angebot widerstehen sich der anstehenden Yogastunde anzuschließen – gut für uns, mittlerweile war es schon beinahe 16 Uhr und wir wollten noch im Hellen zurückfahren.
Rückfahrt und Abend
Auf der Rückfahrt nahmen wir einen Schweizer mit, der uns gefragt hatte ob wir nach Puerto Jeminez fahren würden und tauschten uns über das Reisen aus. Mein Fazit des Ganzen war, dass Schweizer offensichtlich zu viel Geld verdienen – er war immerhin schon der dritte Schweizer, den wir innerhalb einer Woche trafen, der es sich erlauben konnte für ein Jahr auf Reisen zu gehen – und das mit Anfang 30!
Wieder in Puerto Jeminez angekommen waren wir uns einig, dass das Falschfahren an diesem Tag das beste war was wir in den vergangen 2 Wochen zustande gebracht hatten.
Wir ließen den Abend gemütlich in der örtlichen Pizzeria ausklingen und in mir festigte sich der Plan, in diesem Leben noch ein paar Nächte in dem wunderbaren Hotel Luna Lodge zu verbringen – wenn dies irgendwie möglich ist.
Ist ja irre, Abenteuer pur, ich wünschte ich wäre bei Euch…..