Der letzte Tag in Darwin. Leicht regnerisch und zum Glück nicht so brüllend heiß wie gestern. So wie mich Darwin empfangen hat, verabschiedet es mich auch.
Mein Flug ist erst abends, aus dem Hotel muss ich nach australischer Sitte früh raus, also habe ich Zeit genug, ein letztes Mal die schönen Orte abzufahren, die ich so genossen habe. Das freundliche Parap, wo ich Haus und Hunde gesittet habe, Fannie Bay, mein erstes Stranderlebnis, East Point, der nette Park mit Wallabies, Mangroven und bunten Vögeln. Und natürlich mein Traumstrand Casuarina. Es ist vielleicht etwas schnulzig, aber dieser Ort wird in meinem Herzen bleiben. Solch eine überwältigende Natur, die mich jeden Tag auf’s Neue staunen ließ und ich immer wieder kopfschüttelnd stehen blieb ob dieser unglaublichen Weite, Schönheit und Einsamkeit.
Gestern habe ich mir dann endlich auch die Innenstadt von Darwin angeschaut. Jo, da hält sich die Begeisterung in Grenzen. Bürogebäude, eine Fußgängerzone und die Ruinen historischer Gebäude, die der Zyklon zerlegt hatte. Eine entspannte Waterfront haben sie, es scheint alles relativ neu gestaltet zu sein, mit Apartmenthäusern, Restaurants und dem Versuch, das quallenverseuchte Meer doch zu genießen. Die armen Darwinites sind zwar von der schönsten Stränden mit sanfter Brandung umgeben, so richtig genießen können sie das allerdings nur im Wellenbad…
Es ist unglaublich heiß, schon um kurz nach acht hatte es über 30 Grad und die Sonne brennt in einer Intensität vom Himmel, dass ich eigentlich nur noch von Schatten zu Schatten springe. Den gibt es auf dem Weg zum Pier, von dem aus man einen hübschen Blick über die Bucht hat, leider nicht und als ich endlich dort ankomme, bin ich so geschafft, dass ich lange unter einem Sonnenschirm sitze und mit Schrecken an den Rückweg denke. Nirgendwo habe ich die Sonne bisher als so heftig empfunden wie hier. Die Menschen passen sich an, verlagern ihre Aktivitäten auf früh morgens oder den späten Nachmittag, Fischen ist der Nationalsport und die Hunde genießen es, im Meer zu Seehunden zu werden.
Sie sind schon ein spezielles Völkchen, diese Australier und hier in Darwin ganz besonders. Ziemlich abenteuerlich, die verwegenen Fahrzeuge, die hier durch die Stadt fahren, könnten auch der Requisite von Mad Max entsprungen sein. Darwin scheint ein Sammelbecken für Abenteurer zu sein, das bestätigt mir auch Lorraine, die Besitzerin der beiden Königspudel, die ich ab und an ausgeführt habe. Gestern Abend lud sie mich als Dankeschön zum Essen ein. Sie selber ist in der 60er- und 70er-Jahren in Papua Neuguinea aufgewachsen, ihr Mann Dave stammt ursprünglich von den britischen Kanalinseln, die Familie wanderte in der 60er Jahren nach Australien aus und führte ein jahrelanges Nomadendasein, bis sie sich in Darwin ansiedelten – ein Jahr nach dem Cyclon inmitten der zerstörten Stadt.
Die Gesellschaft in Darwin wirkt extrem international, die Zuwanderung aus Asien ist deutlich sichtbar. Der News-Channel im Fernsehen bringt täglich Nachrichten aus so ziemlich jedem Winkel der Welt in der Originalsprache – Bangladesh, Mazedonien, Zypern, Italien, Indien, Deutschland und viele mehr haben ihre eigenen Sendungen. Nur die Einheit mit den Aborigines, die scheint nicht gelungen. Die Gesellschaft bringe nicht genügend Toleranz auf, solange propagiert würde, dass Aborigines aus biologischen Gründen weniger intelligent seien als die Weißen, könne das auch nichts werden, sagt mir der alte Mann, mit dem ich heute ins Gespräch komme. Er nennt sie „first Australians“ und schämt sich für die Ausgrenzung. Die über 600 verschiedenen Sprachen der Aborigines mache auch die Einheit untereinander schwer, erklärt mir Lorraine. Und alle sind sich einig, dass den Ureinwohnern großes Unrecht widerfahren ist, aber diese Einsicht scheint wenig sichtbare Folgen zu haben. Ich will und kann mir kein Urteil erlauben, aber bei meinen Spaziergängen entlang der wunderbaren Strände dachte ich mir oft, dass diese wilde und ursprüngliche Landschaft fast schon etwas Spirituelles hat und so gar nicht zu der europäisch geprägten Gesellschaft passt.
Ich verlasse Darwin mit Wehmut. Die Stadt hat so viel Unerwartetes für mich bereit gehalten und mich sehr berührt. Was für eine schöne Erfahrung.