Auf unserer Insel gibt es eigentlich nichts anderes außer zwei kleinen Dörfern mit Hähnen, Ziegen und freundlichen Menschen, einen weißen Strand am türkisfarbenen Meer mit Korallengärten zum Schnorcheln und Fischerboote. Und natürlich unsere Hütte, die direkt am Strand und neben dem Open-Air-Restaurant liegt. Die Hütte (unten links neben dem Baum) ist aus Bambus gebaut, hat eine kleine Veranda, einen Schlafraum mit zwei Betten, einem Regal und Wäscheleinen und ein
Badezimmer, das aus einer Toilettenschüssel und je einem großen Bottich Salz- (für die Toilette) und Süßwasser (zum Übergießen als Duschersatz) besteht. Strom gibt es ab 17:00 Uhr für ein paar Stunden, aber wer braucht den schon? Der Wind, der durch die Fenster unserer Hütte streicht, ersetzt den Ventilator, in der Küche wird über offenem Feuer gekocht und einen Kühlschrank braucht es nicht, weil der Fisch jeden morgen frisch aus dem Meer kommt.
Die Tage beginnen früh auf unserer Insel. Um halb sechs dringt das Morgenlicht durch die offenen Fenster und die Ritzen im Dach unserer Hütte, die Hähne krähen, die Kinder nutzen die Gelegenheit, vor der Schule noch am Strand zu spielen. Also fiel es uns in den letzten beiden Tagen auch gar nicht schwer, um kurz vor sechs am Tisch zu sitzen, sehr süßen Nescafe zu trinken und auf unser Boot zu warten, denn morgens ist die allerbeste Gelegenheit, Delfine zu sehen. Und wir hatten Riesenglück – klar, meine letzte Prophezeiung in einem japanische Tempel sicherte mir auch „Excellent Luck“ zu.
Zum Glück haben wir Jean-Jacques kennengelernt, einen Schweizer mit einer wagemutigen Idee: er will auf der Nachbarinsel ein Altersheim bauen, Schweizer Qualität gepaart mit philippinischer Freundlichkeit unter warmer Sonne. Er kam am Abend der Vertragsunterzeichnung für den Grundstückskauf auf unsere Insel, um am nächsten Morgen Delfine zu sehen. Nach einem äußerst vergnüglichen gemeinsamen Abendessen fuhren wir am nächsten Morgen mit ihm hinaus aufs Meer. Der Bootsmann hielt so lange auf die Nachbarinsel zu, dass Eric schon befürchtete, wir hätten irrtümlich die Fähre genommen. Aber dann waren sie aufeinmal da: bestimmt 50 Spinner-Dolphins (deutsch: ostpazifischer Delphin), überall um uns herum, direkt am Boot, an dessen Spitze ich, die Beine im Wasser baumelnd, sitzen durfte. Sie schwammen lange neben und vor uns her und selbst der Bootsmann jubelte „so close!“. Immer wollte ich das mal, Delfine in freier Wildbahn, und dann so nah, im herrlich blauen Meer. Wir waren so begeistert, dass der Bootsmann vorschlug, am nächsten Morgen noch mal rauszufahren und diesmal die Schnorchelausrüstung mitzunehmen. Aber klar doch! Also saßen wir auch heute morgen um kurz nach sechs im Boot, schlugen die gleiche Richtung ein und sahen nach gar nicht allzu langer Fahrt wieder die charakteristischen Flossen im Meer. Diesmal waren es dann allerdings Risso’s Dolphins (deutsch: Rundkopfdelfine), die langsamer schwimmen als die Spinner und sich daher gut zum Schnorcheln eignen. WIr sprangen also ins Wasser hielten uns an einer Leine am Boot fest und ließen uns von diesem etwas näher an die Delfine herantragen. Irgendwo unter mir im blauen Meer entdeckte ich einen, zu weit, um jetzt wirklich das Gefühl zu haben, mit Delfinen geschwommen zu sein, aber egal. Es war ein tolles Erlebnis, die Delfine reckten ihre Schwanzflossen in die Höhe, wagten kleine Sprünge und hatten ansonsten eben keine Lust, ganz nah zu kommen. Müssen sie auch nicht, ist ja kein Delfinarium.
Beseelt kehrten wir zurück auf unsere Insel, genossen ein herzhaftes Frühstück am Strand und dann stürzte ich mich ins heute etwas aufgewühlte Meer zum Schnorcheln. Die Korallen (wenn man den Streifen Seegras heil überquert hat, in dem eine Seeschlange wohnt) sind bunt und die Fische um so mehr. Heute ist die Sicht nicht ganz so gut, Eric ist gar nicht erst mit, weil er bei diesem Wind schon geahnt hat, dass das Wasser trübe ist. Ein Fehler… Ich schnorchele hinaus, vorbei an vielen Nemos, mit denen man so herrlich spielen kann, heute sind einige größere Fische unterwegs und dahinten ein ganz großer, oder? Nein, es ist eine Wasserschildkröte! Sie bemerkt mich zunächst nicht, also hefte ich mich an ihre Fersen und schwimme hinterher. Sie ist nur etwa 50 cm groß, aber sehr hübsch gemasert und leider entdeckt sie mich nach einiger Zeit und verschwindet Richtung Riffkante, an der der Korallengarten ins tiefe Blau abfällt. Da trau ich mich heute nicht hin, die Strömung hat es schon in sich. Aber: Delfine und Schildkröte, das ist eine perfekte Tagesausbeute!
Ich schwimme zurück an den Strand und beziehe meinen Lieblingsplatz: die Hängematte aus Bambus, die am Baum vor unserer Hütte baumelt. Hier lässt es sich aushalten. Auf das Mittagessen wollten wir heute eigentlich verzichten, setzen uns nur für einen Kaffee an die Tische oberhalb des Strandes, aber da steht schon ein Teller „Sticky rice with coconut“ vor uns.
Wir unterhalten uns mit Jack, einem 53jährigen Polen, mit dem Eric gestern bis halb 1 getrunken hat. Der ist zum zweiten Mal hier, mit Frau und befreundetem Paar, und wollte den Kindern der Insel etwas Schönes mitbringen. Daraus wurde eine Facebookaktion, mit der er Geld gesammelt hat, um für die 253 Grundschüler kleine Päckchen mit Überraschungen zusammen zu stellen. Ich hatte mich vor zwei Tagen gewundert, als die polnischen Paare ankamen, jeder mit mittelgroßen Rucksäcken, aber zwei riesigen Koffern ausgestattet. Jetzt stellte sich heraus, dass die Koffer voll mit Stiften, Schnorchelbrillen, Drachen, Bällen, Knete und anderem waren. Er verbrachte fast zwei Tage in seiner Hütte, um daraus „gerechte“ Päckchen zu schnüren, damit kein Kind benachteiligt wird, und heute haben sie die Geschenke in der Schule übergeben. Es muss ein sehr schöner Moment gewesen sein, er war immer noch ganz ergriffen. Tolle Aktion!
Am Nachmittag kommen die Frauen des Ortes vorbei, die Massagen anbieten. Seit der Walfang auf den Philippinen verboten ist, haben sich die die Menschen auf der Insel alternative Verdienste erschlossen. Die Männer bieten Schnorchel-, Tauch- und Delfintouren an, die Frauen eben Massagen. Hinter unserem Restaurant, quasi auf dem Kirchplatz, werden die Massageliegen aufgebaut und bei lauem Wind werden wir durchgeknetet. Die Kirche steht direkt hinter unserem Haus, anders als in Deutschland bimmelt
sie aber nur zu wichtigen Gelegenheiten, wie zum Beispiel heute für eine Beerdigung. Aber der Platz davor ist ein kleines Kommunikationszentrum und der Dorfladen, in dem wir auch bereits bestens bekannt sind. Eric hat uns dort Internet gekauft, nach langer Beratung nahm er eine Handykarte, als die nicht passte, organisierte die Ladenbesitzerin eine andere vom Festland, die nach anderthalb Tagen von einer Nichte mitgebracht wurde und jetzt sind wir hier doch tatsächlich online.
Eigentlich wollen wir hier nicht mehr weg. Wir fühlen uns im Dorf schon fast heimisch, unsere Wirtin Misiang und ihr Mann Junior behandeln uns wie Familienmitglieder, zum Meer sind es zwanzig Schritte, zum Strand fünf, das Essen ist hervorragend, das Bier lecker. Aber wir werden es übermorgen packen. Irgendwann muss das Idyll ja mal sein Ende haben. Auf Bohol, der großen Nachbarinsel, gibt es noch einiges zu entdecken und dann geht es ja irgendwann weiter nach Malaysia…