Das Schöne am Reisen ist, dass man immer wieder die Gelegenheit hat, in andere Welten einzutauchen. Kurz reinschnuppern, mitmachen und dann auf in die nächste Welt. Ganz extrem habe ich das in den letzten Tagen in Singapur und Bali erlebt.
Die Globonautentrennung in Yangon war nicht einfach und jetzt ist die gemeinsame Reiserei wirklich endgültig beendet. Eric düste zurück Richtung Europa und ich nach Singapur. Dort wohnt die Freundin einer alten Schulfreundin aus Hamburg und ich durfte für zwei Nächte einen Eindruck davon gewinnen, wie die Expats so leben in dieser Stadt. Und, ich geb’s jetzt mal offen zu, ich bin ein ganz kleines bisschen neidisch. Auch wenn ich mich natürlich freue, liebe Inken, dass Ihr da so ein schönes Leben habt. Allein schon diese Wohnung, ein echter Tropentraum, durch die Balkone wirkt sie offen nach allen Seiten, morgens kommt ein Hornbill vorbei, um etwas Papaya zu stibitzen und im Kühlschrank lacht einem trotzdem Europa entgegen, mit Vinho Verde, Käse und Duplo, denn die Versorgungslage ist perfekt in Singapur.
Ich habe eigentlich nur einen Tag und den verbringe ich in primär unter und in vier Shopping Centern. Mittlerweile baut man diese auch mehrere Stockwerke in die Erde, so dass dort eine glitzernde Konsumunterwelt entstanden ist. Oben die Straße überqueren? Nix da, runter in die Gänge der Malls. Ist auch besser, denn es schüttet wie aus Kübeln. Inken ist übrigens gerade bei einem Open Air Konzert… Gen Abend treibt es mich dann aber doch hinauf auf die Orchard Road, denn: es ist ja bald Weihnachten. Und da lässt man sich in Singapur nicht lumpen, die Dekorationen sind beeindruckend, auch wenn es 30 Grad und gefühlte 99 Prozent Luftfeuchtigkeit hat. Kein Schnee? Doch kein Problem hier, ich sehe zwei Varianten: entweder kauft man für mehr als 500 Dollar ein und darf dafür in ein Plastikzelt, in dem Kunstschnee herab rieselt (sagen sie zumindest, ich hab bestimmt eine halbe Stunde davor gewartet, aber keiner kam). Oder man schließt sich den Kindern an und macht eine Schaumball-Schlacht im Weihnachtsdorf. Ist ja eh angenehmer als dieses eiskalte Zeugs auf der Haut.
Nach Myanmar ist das hier alles fast ein kleiner Kulturschock, denn ich bin ja immer noch in Asien. Der stolz zur Schau getragene Reichtum, die beeindruckende Architektur, die Sauberkeit, alles wirklich ein ganz krasser Gegensatz zu Yangon.
Am nächsten Tag geht es dann weiter nach Bali, mein Wirt holt mich vom Flughafen ab, die Unterkunft war ein Tipp des Sohnes meiner Yogalehrerin. Und so komme ich in den Genuss einer weiteren anderen Welt – ich bin mitten in der coolen Surferszene gelandet. Ich wohne in einem Homestay der eher einfacheren Kategorie mit sehr netten Vermietern und merke schon am ersten Tag, dass ich mich einer meiner Ängste stellen sollte, wenn ich hier eine Woche lang Spaß haben will. Die Wege sind weit, die Gegend hügelig, die Straßen eng und Fußgänger nicht vorgesehen. Deswegen fahren alle Mofa oder Scooter, wie das hier heißt. Uh. Hinten drauf durch Bagan düsen und Eric dafür verantwortlich machen, wenn wir in den Schlamm rutschen, ist ja eine Sache. Aber ich hab wirklich etwas Angst. Vermieter Wayan gibt mir einen Automatik-Roller und eine sehr intensive Einführung. Dann muss ich das Sträßlein zum Homestay einmal hoch und runter fahren, er ist zufrieden, aber bitte noch eine Runde auf der etwas größeren Straße. Als ich auch das zu meiner eigenen Überraschung meistere, entlässt er mich in den balinesischen Straßenverkehr. Und – es klappt. Man kann doch mehr als man denkt…
Ich finde schöne Strände, die ich aber nur von oben betrachte – es regnet viel und meine Gelüste, im nassen Sand zu liegen, halten sich in Grenzen. Die Alternative sind die coolen Surfer-Lounges an den Klippen – toll! Alles sehr lässig, natürlich bio, regional und vegan, das scheint zum Wellenreiterleben dazu zu gehören, entspannte Musik und der Blick auf die Surfer draußen, die auf die Wellen warten – wow! So ganz passe ich ja nun wirklich nicht in die Szene, aber lustig, das mal für eine Woche zu erleben.
Am Abend sitze ich dann aber doch lieber in einem bestimmt regionalen, wahrscheinlich nicht-bio und sicherlich nicht-veganen Warung, einem einheimischen Lokal, und genieße Indonesisches. Das Warung ist gleichzeitig Tankstelle für Mofas, der Sprit wird hier literweise in Schnapsflaschen ausgeschenkt, Klappe auf, Trichter rein, ein oder zwei Liter obendrauf, fertig. Der Tankwart neben mir steckt sich erst mal eine Zigarette an, um dann in aller Ruhe Benzin aus einem Fass in die Schnapsflaschen abzufüllen. Ich sitze etwa zwei Meter daneben und überlege, ob ich lieber die Flucht ergreifen sollte. Das gute Essen hat mich dort gehalten und ich hab’s überlebt…
Und dann merke ich doch, dass das freundliche Bali Teil des korrupten Indonesiens ist. Ich düse mit dem Mofa durch ein Städtchen, links eine Polizeiwache, davor drei Polizisten. Einer winkt mich raus, ich halte, grüße ihn freundlich und er fragt nach meinem Führerschein. Ich wusste gar nicht, dass man den überhaupt braucht, hab ihn auch nicht dabei, da grinst er und sagt, dass sei doch überhaupt kein Problem, mit 500.000 Rupien sei das Problem aus der Welt. Das sind 35 Euro. Oder zwei Übernachtungen in meinem Homestay. Oder 50 Liter Benzin in meinem Warung. Ich tue geschockter als ich es bin, versuche eine kleine Charme-Offensive, da bietet er 300.000 an. Du kleines A**, denke ich mir, tue trotzdem weiter hilflos, murmele, so viel hätte ich nicht, ob er vielleicht gnädig sein könne. Bei 100.000 ist dann Schluss bei ihm, er sagt, wenn ich das nicht zahle, würde er mit mir rein gehen und eine offizielle Anzeige produzieren. Ne, lass mal… Ich gebe ihm die 100.000, sie verschwinden in seiner Hosentasche und ich auf die andere Straßenseite. Dem will ich nicht noch mal in die Arme fahren. Mein Vermieter freut sich nachher, das hätte ich gut gemacht, die deutschen Jungs, die letzte Woche hier waren, hätten die 500.000 sofort gezahlt.
Nach einer Woche ist gut mit Surferleben, ich steuere Ubud an, spätestens seit „Eat, Pray, Love“ sicherlich kein Geheimtipp mehr, aber es wird Zeit für ein wenig Yoga und schöne Reisterrassen. Die nächste Welt wartet….