Am Montag stand ein Tagesausflug nach Kamakura auf dem Programm. Wir sind morgens etwas träge und so verließen wir das Hotel Edoya erst gegen elf Uhr. Bis wir dann zur Haltestelle Akihabara gelaufen sind und schließlich in den Zug einsteigen, ist es schon halb zwölf und dann liegt noch eine Stunde Fahrt vor uns.
Sie führt uns wieder Richtung Yokohama, doch diesmal darüber hinaus nach Süden und um halb eins erreichen wir Kamakura.
Der Ort war in grauer Vorzeit einst auch einmal Hauptstadt Japans, verlor diesen Status aber schnell wieder an Kyoto. Er ist bekannt für seine Tempel und wir sind sozusagen auf Entzug.
Aber vor der Kultur kommt das Gelüscht und so landen wir als erstes in einer Bäckerei, die französisches Gebäck anbietet. Hier ist das Risiko auf Bohnenpaste zu beißen, deutlich geringer ist als sonst wo. Nichts gegen Bohnenpaste -aber es gibt für Süßes so viel besseres unter dieser Sonne…
Dass der Ort sehr touristisch ist, das erkennen wir auf den ersten Blick. Der Weg zu den ersten Sehenswürdigkeiten führt durch ein Spalier von Restaurants, Souvenir- und anderen Schnickschnackläden. Und obwohl heute Montag ist, ist die Straße sehr dicht bevölkert.
Mitten in der vollen Einkaufsstraße werden wir plötzlich von einem älteren Mann angesprochen, der sein Fahrrad durch die Menschenmenge schiebt. Dies ist sehr ungewöhnlich, war uns dies in den zurückliegenden Wochen so gut wie nie passiert. Ganz anders als in den USA.
„Excuse me“, beginnt er seinen Satz und fragt vorsichtig an, ob er uns ansprechen dürfe.
Er stellt sich uns mit seinem Namen vor und erklärt, er sei 73 Jahre alt und habe vor fünf Jahren damit begonnen, Englisch zu lernen. Dann zieht er aus seiner Aktentasche einen DIN A 4 großen Pappkarton und drückt ihn uns in die Hand. Dieser ist von ihm in englischer Sprache beschrieben und erklärt sein Anliegen. Er ist an Briefkommunikation interessiert und möchte sich so mit anderen austauschen und dabei sein Englisch verbessern. Er schreibt: „It is my dream for a long time to receive an English letter from someone.“
Als wir den Pappdeckel durchgelesen haben möchte ich ihn ihm zurückreichen. Doch er wehrt ab und ergänzt: „Keep it with you. Maybe some day you remember meeting me here.“
Sprachs und setzte seinen Weg nach höflicher Verabschiedung fort.
Ich werde ihm wohl die eine oder andere Karte senden, auch wenn er erst einmal nicht antworten kann, da ich momentan ja ohne Anschrift bin.
In Kamakura hat sich der Zen-Buddhismus gehalten und so wird in einigen der Jahrhunderte alten Klosteranlagen Zazen, also sitzende Meditation angeboten. Allerdings nur zu den Randzeiten des Tages. Schade, dass wir erst jetzt davon erfahren.
Aber auch so sind die Kloster ein Ort der Ruhe und da wir ja so spät dran sind, ist der Großteil der Besucher auch schon durch.
Es reicht uns dann auch nur zu zwei der Klöster, doch die haben uns einen schönen Eindruck vermittelt.