Fast zehn Jahre ist es her, dass wir uns für Sri Lanka als Reiseziel entschieden hatten. Lang her und deswegen trügt mich meine Erinnerung wahrscheinlich, aber ich meine, einer der Gründe für unsere Entscheidung war, dass wir zu spät für Indien dran waren. Sri Lanka konnte man damals noch ohne Visum bereisen, was heute nicht mehr der Fall ist. Aber immer noch ist es deutlich einfacher und schneller, eine Einreisegenehmigung für das frühere Ceylon zu erhalten als für den riesigen Nachbarn.
Also Sri Lanka, die Träne Indiens. Der Name hat ausschließlich etwas mit der Form der Insel zu tun, die an der Südspitze des Subkontinents im indischen Ozean alles andere als Traurigkeit bietet. Und das trotz über 25 Jahre Bürgerkrieg, der damals gerade zu Ende gegangen war, und dem Tsunami von 2004. Besser nicht in den tamilischen Norden fahren, das war die einzige Einschränkung, an die wir uns halten wollten, und so ging es im September 2010 von Frankfurt nach Colombo.
Viele Touristen kriegen die Hauptstadt Sri Lankas gar nicht zu sehen, weil sie gleich an die Badeorte weiterreisen und viel verpassen tun sie dabei nicht unbedingt. Aber: in der ansonsten weitgehend attraktionslosen Hauptstadt begegnete uns gleich der erste koloniale Traum. Und weitere sollten folgen…. Einen entspannten Sun Downer auf der Veranda mit Blick über den indischen Ozean im Galle Face Hotel, eine leckere erste Begegnung mit der ceylonesischen Küche im Curry Leaf Restaurant – der Urlaub konnte kommen.
Nach den ersten nachgerade luxuriösen Tagen waren wir bereit für’s Abenteuer und wollten das Hochland Sri Lankas erobern. Mit dem Zug ging es in eine Stadt mit dem köstlichen Namen Kandy. Bezeichnenderweise wird hier ein Zahn Buddhas im „Temple of the sacred tooth relic“ verehrt, er ging aber weder dort verloren noch war Zucker dafür ursächlich. Die Fahrt in einem rumpligen, in die Jahre gekommenen Zug durch die zunehmend grünere Landschaft hinauf ins Hochland, durch Dschungel und Teeplantagen war spektakulär. So richtig in Erinnerung blieb sie mir aber, weil die Zugtüren die ganze Zeit über geöffnet waren und man sich gemütlich auf den Ausstiegsstufen niederlassen und sich den Fahrtwind um die Nase wehen lassen konnte. Echte Hochgeschwindigkeiten werden hier nicht erreicht und wir waren halt auch noch zehn Jahre jünger 🙂
Sri Lanka hat eine eigene Elefantenart, bedroht wie so viele, aber im Pinnewala Elefanten Waisenhaus wird ihnen ein wenig geholfen. Verwaiste und verletzte Elefanten werden hier aufgepäppelt und bescheren den Touristen einige wunderbare Momente, wenn sie sie beim großen Elefantenbaden beobachten dürfen. Für uns war es der allererste Kontakt aus unmittelbarer Nähe, damals noch mit einer überschaubaren Zahl von Mittouristen. Die Einrichtung ist wohl mittlerweile umstritten, wir haben es vor 10 Jahren als recht positiv empfunden.
Was Sri Lanka besonders faszinierend macht ist die tiefe Spiritualität der Menschen. Die Tempel sind fast immer voll, Feiertag hin oder her. Die Menschen sehen indisch aus, die Zeremonien sind buddhistisch, es ist immer eine ganz besondere, lebendige Atmosphäre, bei der Feuer in Form von hunderten Öllämpchen und Rauch eine große Rolle spielen.
Und einen ganz besonderen Einblick in das religiöse Leben bekommt man im „Cultural Triangle“, dessen Eckpunkte die heiligen Städte Kandy, Anuradhapura und Polonnaruwa bilden. Es gibt so unglaublich viel zu sehen in diesem Gebiet, hier lohnt eine organisierte Tour oder ein eigener Fahrer. Wir entschieden uns für letzteres und bekamen in den folgenden Tagen Dagobas satt. Dagoba ist die singhalesische Version der Stupa, buddhistische Bauwerke, riesige Halbkugeln mit charakteristischer Spitze, die wie eine Antenne in eine andere Welt wirkt. Das Bauwerk selber dient maximal der Aufbewahrung von Reliquien, wirklich begehbar sind sie nicht. Trotzdem sind sie riesig, perfekt halbrund geformt und umgeben von lebendigem religiösen Leben.
So indisch Sri Lanka auf den ersten Blick wirkt, drei Viertel der Bevölkerung sind Buddhisten, die bunten hinduistischen Tempel und prachtvollen Saris der Frauen findet man maximal im tamilischen Norden – und da gehen wir ja nicht hin. Der Felsentempel in Dambulla ist mir in besonderer Erinnerung geblieben, in fünf prachtvoll bemalten Höhlen finden sich mehr als 150 Buddha-Statuen, ein Weltkulturerbe mit einer ganz besonders schönen Stimmung in der Kühle und dem Halbdunkel.
Aukana mit den riesigen stehenden Buddhas, zu deren Füßen religiöse Zeremonien abgehalten werden, ist ein weiteres Highlight der Tour. Es ist schade, es ist zu lange her als dass ich mich noch daran erinnern kann, wie es genau auf uns gewirkt hat. Aber die Bilder, die ich wirklich schon ewig nicht mehr angeschaut habe, zaubern mir immer mal wieder ein Lächeln auf die Lippen. Woran ich mich noch sehr gut erinnern kann ist der extrem schweißtreibende Aufstieg auf die Felsenfestung Sigiriya, ein weiteres Weltkulturerbe. Steilste Stufen führten uns und viele viele Pilger hinauf auf den 200m steil aufragenden Monolithen.
Es war heiß und ich meine mich zu erinnern, dass wir jeder nur eine Flasche Wasser dabei hatten, im Vertrauen darauf, dass es oben schon was gäbe. Nö…. Aber: überlebt und die Blicke waren toll!
Es gibt so unglaublich viele beeindruckende historische Stätten, aber ganz ehrlich: irgendwann waren wir kultursatt. Und reif für die schöne Natur und eine weitere weltberühmte Spezialität Sri Lankas: Tee. Ella, auf tausend Meter Höhe gelegen ist der perfekte Ort für beides. Wir hatten ein schönes Guesthouse mit spektakulärem Blick gefunden, genossen das im Vergleich zum heißen Flachland fast schon kühle Bergklima, wanderten durch Teeplantagen und in Ermangelung von Wegen und – ganz wie die Einheimischen – auf den Bahngleisen. Belohnt wurden wir mit perfekten Blicken in das weite Grün und der Begleitung durch einen sehr freundlichen Hund. Beim After-Hike-Drink in einem Café im Nirgendwo fragten wir uns, wo wir unseren treuen Kameraden denn jetzt lassen sollten, aber am letzten Abzweig vor unserem Guesthouse drehte er ab und ward nie mehr gesehen.
Als Insel im Traumozean hat Sri Lanka natürlich auch Unmengen von Stränden zu bieten, es war Urlaub und natürlich wollten wir auch Sand und Meer. Wir fanden ihn, den Traumstrand, den wir fast für uns allein hatten, im Süden der Insel. Am Marakolliya Beach verbrachten wir ein paar entspannte Tage. Aber ganz ehrlich, wer klassischen Strandurlaub möchte, dem würden wir Sri Lanka nicht unbedingt empfehlen. Ein Land, in dem das Badevergnügen der Einheimischen darin besteht, in voller Bekleidung maximal hüfttief in der Brandung zu stehen, stellt einen zu heftigen Gegensatz zu den westlichen Badenixen und -wassermännern dar. Der Strand ist häufig schmal und aus heutiger Sicht – wir waren mittlerweile noch zwei mal für Ayurvedakuren dort – haben die vielen vielen Hotels dem Paradiesfeeling den Garaus gemacht. Umso glücklicher sind wir, dass wir damals diesen Strand mit dem schönen Licht gefunden haben.
Ich schrieb am Anfang von den kolonialen Träumen und die sind wirklich ein Grund, nach Sri Lanka zu reisen. Die vielen schönen Gebäude, die Portugiesen waren hier, die Holländer und natürlich die Briten. Und wenigstens haben sie schöne Architektur hinterlassen, die ihre tropische Patina bekommen hat und häufig spektakulär restauriert wurde. Den morbiden Charme alter Zeiten haben wir im Nooit Gedacht in Unawatuna genossen, das Fort von Galle ist ein kleines Gesamtkunstwerk und dort haben wir unser koloniales Paradies gefunden: das Galle Fort Hotel werden wir wohl nie vergessen. Wir wollten uns zum Schluss noch etwas leisten, haben schwäbisch hin und her überlegt und uns dann doch in das nicht ganz günstige, aber noch verschmerzbar teure Hotel eingemietet. Und dann hatten sie sich verbucht. Unser Zimmer – und das war bereits ein Traum – stand nur für eine statt drei Nächten zur Verfügung. Und deswegen wurden wir upgegradet – in eine riesige Suite, die wir gar nicht mehr verlassen wollten, weil sie einfach so so schön war. In jeder Ecke gab es etwas zu entdecken, überall antike Stücke, so platziert als habe sich der Besitzer nur kurz mal an den schönen Pool verabschiedet. Ich glaube, sie haben sich selber gefreut darüber wie wir uns gefreut haben.
Ja, und noch eine wunderbare Erinnerung war der Kochkurs, den wir in Unawatuna gemacht haben. Inklusive Marktbesuch, wo es nicht immer unblutig zuging. Aber die ceylonesische Küche ist so ganz besonders, mit dem typischen Geschmack von Curryblättern und ganz eigenen Currymischungen. Kottu Roti, zerhäckselte Pfannkuchen mit Fleisch oder Gemüse, ist mein ganz großer Favorit. Lohnt sich wirklich sehr, mal in die Sri Lankische Küche reinzuschmecken, aber Achtung: kann höllisch scharf sein!
So, Ihr Lieben, vielleicht konnten wir Euch etwas Lust auf Sri Lanka machen. Was wir damals nicht erlebt haben, war Ayurveda, aber das haben wir später nachgeholt. Ich war 2016 im Lawrence Hill Paradise in Hikkaduwa, unter deutscher Leitung und hier wird Ayurveda sehr professionell betrieben. Eric war letztes Jahr ziemlich angetan vom Pure Nature Ayurveda House in der Nähe von Bentota. Nicht ganz so streng, unter österreichischer Leitung, sehr herzlich. Er schrieb mir damals, es sei eher so Kaffeehaus-Ayurveda 🙂 Ich fürchte, beide Häuser werden gerade wirtschaftlich sehr unsicheren Zeiten entgegenblicken, vielleicht habt ihr in besseren Zeiten mal Lust, euch da zu erholen.
Und wer noch mehr träumen möchte von Sri Lanka (und auch anderen Ländern), dem empfehle ich sehr die Vlogs von Allison und Eric von The Endless Adventure. Sie posten aktuell ihre Videos von Sri Lanka, die sie im Februar gefilmt haben. https://www.youtube.com/watch?v=YmAAz3s8A8c
So Ihr Lieben, jetzt hoffe ich, ich konnte euch kurz entführen in ein wunderbares Land. Mich jedenfalls hat das Sichten von Erics schönen Bildern und das Durchblättern unseres abgegriffenen „Lonely Planet“ wieder zurückversetzt in die schöne Zeit. Und auch wenn wir alle noch etwas länger aussetzen müssen mit der Reiserei – irgendwann geht’s wieder los und bis dahin wühle ich weiter in alten Bildern und meinem Bücherregal mit den Reiseführern. Ist noch genügend Material da 🙂