Fast pünktlich zum St. Patrick’s Day soll es jetzt mal um die wunderbare Natur auf Mauritius gehen – auch wenn die eigentlich alles andere als natürlich ist. Die sattgrün wogenden Zuckerrohrfelder, die Palmen – alles gehört hier eigentlich nicht her. Es waren die Holländer, die diese Pflanzen auf die Insel brachten und das Gesicht des Landes damit für immer veränderten.
Möchte man einen Eindruck von der Vegetation vor Ankunft der Holländer bekommen, bekommt man den auf der Île aux Aigrettes vor der Westküste. Die Mauritian Wildlife Foundation hat diese Insel vor einigen Jahren erworben und konsequent alles entfernt, was nicht schon vor 400 Jahren dort war. Die ursprüngliche Vegetation vor allem aus Ebenholzbäumen hat dann dazu geführt, dass sich eine Reihe bedrohter Vogelarten dort wieder angesiedelt hat. Auch etwa vierzig Riesenschildkröten bevölkern die kleine Insel und ein Aufzuchtprogramm trägt dazu bei, ihren Bestand zu sichern. Das Projekt finanziert sich unter anderem durch geführte Touren und die sind nicht zuletzt wegen der Schildkröten sehr empfehlenswert. In durchaus beachtlichem Tempo kreuzen sie immer wieder unseren Weg und lassen sich gerne kraulen. Ein tolles Erlebnis.
Unwiederbringlich verloren ist der Dodo, eines der Wappentiere von Mauritius. Dieser
flugunfähige Vogel lebte bis zur Ankunft der Europäer im Paradies: keine natürlichen Feinde, dementsprechend auch keine Notwendigkeit zu fliegen oder die Eier besonders zu schützen. Die Holländer brachten Hirsche auf die Insel und vertrieben sich die Zeit mit Jagen – und schon war’s um den armen Dodo geschehen. Trotzdem wird sein Andenken als eigentlicher Ureinwohner von Mauritius hochgehalten – von Holz- und Plastiknachbildungen in Souvenirshops bis hin zu netten Anekdoten. Die hier fand ich im Zuckermuseum von Pamplemousses:
Der Botschafter der Sowjetunion während der Debatte der Vereinten Nationen über die Unabhängigkeit von Mauritius 1966:
„Es ist skandalös zu sehen, dass Länder wie Mauritius immer noch Kolonien sind und ihre Ureinwohner von Kolonialmächten wie dem Vereinigten Königreich ausgenutzt werden.“
Antwort des britischen Botschafters:
„Was Mauritius angeht muss ich zugeben, dass die Situation sogar noch schlimmer ist als sie mein verehrter Kollege beschrieben hat. Die Ureinwohner wurden nicht nur ausgenutzt, sondern sie wurden von den Kolonialherren getötet und aufgegessen, da die einzigen Ureinwohner von Mauritius die Dodos waren.“
Das eigentlich fremde Zuckerrohr prägt neben den wunderbaren Stränden und dem türkisfarbenen Wasser das Bild der Insel. Alles was nicht bebaut ist, scheint hier Zuckerrohr zu sein. Aus dem Busfenster kann man es fast greifen und ein Besuch im Zuckermuseum „L’Aventure du Sucre“ ist da natürlich Pflicht, zumal sich doch mal der ein oder andere regnerische Tag einschleicht. Wie alle Museen, die ich bisher hier besichtigt habe, ist auch dieses wieder unglaublich gut gemacht und beantwortet in einer ehemaligen Zuckerfabrik wahrscheinlich jede Frage, die je über Zucker gestellt wurde. So viele Informationen kann ich nicht aufnehmen, aber durch die Halle zwischen den alten Maschinen herumzuschlendern, an denen ein karamellier Duft hängt, macht sehr viel Spaß. Die anschließende Zuckerverkostung ist toll, so viele verschiedene Sorten und von meinem Favoriten „Light Muscovado“ nasche ich gleich dreimal.
Der Ort Pamplemousses hält aber noch eine Attraktion bereit: der älteste Botanische Garten in der südlichen Hemisphäre. 1770 angelegt ist er vor allem durch die riesigen Seerosen bekannt und bei einem langen Spaziergang durch schattige Alleen vorbei an Teichen voller wunderschöner Wasserlilien kann man sehr gut einen gemütlichen Nachmittag verbringen. Um dann danach im Café Wiener Walzer gegenüber auf ein Stückchen Käsekuchen einzukehren. Hinter der anglikanischen Kirche. Wenn’s nicht so heiß wäre, könnte ich fast glauben, zurück in Good Old Europe zu sein.
Die ganze Pracht der mauritischen Vegetation lässt sich auch auf den Märkten erahnen. Jede Stadt scheint eine Markthalle zu haben und die in der Hauptstadt Port Louis ist ganz besonders stimmungsvoll. Exotische Obstsorten kennt man ja mittlerweile, aber beim Gemüse stehe ich oft staunend vor den Auslagen. Habe ich das hier schon gegessen, diese stachelig gebogenen Gurken oder grünschillernden Tomaten? Chilis gibt es in allen Größen und Farben und die grüne Chilisauce hier ist wirklich ein Erlebnis, scharf, aber doch mit einem ganz fruchtigen Eigengeschmack.
Zu jedem Markt gehören auch Essensstände, frischer geht’s dann wohl kaum. Besonders lecker ist der indische Fastfood, Rotis, in die alle möglichen Soßen und Salate eingerollt werden. Etwas Chili drauf für die typisch mauritische Note und hmmmm. Auf dem Fleisch- und Fischmarkt nebenan geht’s zwar blutig zu, aber frisch ist auch hier alles und kein Vergleich mit den schwülen, fliegenumschwirrten Fleischmärkten Asiens.
Und zum Schluss ein kleines Rätsel. Selbst wenn ich eine Gemüsesorte auf dem Markt mal erkannt habe, die Pflanze, an oder auf der sie wächst, ist dann doch eine Überraschung. „Look! You know what this is?“ fragt mich der Taxifahrer, als wir an einem Feld mit Büschen vorbeifahren. Er hält an und biegt die Zweige auseinander. Hättet Ihr’s gewusst?