Penang übt nicht nur auf mich einen besonderen Reiz aus, sondern zieht schon seit Jahrhunderten die unterschiedlichsten Menschen an. Die East India Company machte es 1786 zum wichtigen Handelsposten, aber schon vorher gab es Zuwanderer aus China, Indien, Burma, Thailand, Sri Lanka und anderen Teilen der Welt. Sie alle wurden hier heimisch, pflegten und pflegen aber ihre Kultur bis zum heutigen Tag. Das bunte und Bollywood-beschallte Little India ist ein Beweis dafür. Aber es gibt auch thailändische und burmesische Tempel, die älteste anglikanische Kirche Südostasiens und eine Vielzahl chinesischer Klanhäuser, von denen das Khoo Kongsi sicherlich das beeindruckendste ist. Die Angehörigen des Khoo Klans aus Südchina schafften sich hier ihre eigene kleine Welt, mit Wohnhäusern rund um einen Platz, einer Bühne für die chinesische Oper und eben dem Klanhaus als Kernstück, das aus einem prächtigen Tempel und den Versammlungsräumen besteht. Oppulent und stilvoll erfüllt der Bau alle Vorstellungen, die man vom alten China hat und obwohl ich noch nie dort war, behaupte ich jetzt einfach mal, dass er fast prächtiger und authentischer daherkommt als entsprechende Gebäude in China.
Nicht alle Zuwanderer blieben allerdings unter sich. So mischten sich Chinesen und Malaien und es kam zu einer ganz wunderbaren Kultur, die noch heute in Penang eine große Rolle spielt – den Baba Nyonya. Sie scheinen das Beste von beiden Welten zu vereinen und das zeigt sich besonders in zwei Bereichen: dem Essen und den oppulent ausgestatteten Wohnhäusern.
Für mich ist die Nyonya Küche eine der leckersten der Welt. Wunderbar cremige Currys mit allem, was die malayische Gewürzküche hergibt, sind ganz typisch Nyonya. Bei uns kennt man vielleicht gerade noch Laksa, eine Suppe, die weiter im Süden auf Kokosmilchbasis und hier in Penang in einer leicht säuerlichen, eher klaren Variante serviert wird, aber Kari Kapitan, Huhn in einem zitronigen Kokossößchen oder meine ganz neue Eroberung Sambal Goreng mit Garnelen sind mindestens genauso lecker. Zum Glück ist mein Vermieter ein absoluter Foodie, er überreicht mir einen um seine Lieblingsrestaurants handschriftlich ergänzten Stadtplan, schreibt mir dazu zwei Zettel mit seinen Lieblingsgerichten und wenn ich dann abends satt und glücklich zurück ins Hotel komme, steht er ein paar Minuten später mit einer warmen Mandelmilch und Keksen als Betthupferl vor der Tür. Und manchmal, wenn er in Backlaune ist, gibt’s gen später dann noch ein Tablett mit Tee und Törtchen. „If you haven’t gained weight you haven’t been to Penang“ sagt der Hänfling grinsend und was ich in Sri Lanka gelassen habe, schleicht sich langsam wieder an.
Die Häuser der Baba Nyonya sind mindestens so überwältigend wie ihre Küche. Die Cheong Fatt Tze Mansion oder auch Blue Mansion hat es in fast jedes Einrichtungsmagazin der Welt geschafft und auch ich laufe staunend durch das wunderbar restaurierte Gebäude mit seinen knallblauen Wänden. Heute ist hier ein luxuriöses Hotel untergebracht, aber dreimal am Tag dürfen auch Normalsterbliche im Rahmen einer Führung eine Blick hineinwerfen.
Ganz anders das Konzept der Penang Peranakan Mansion. Hier hat man ein Nyonya-Wohnhaus so wiederauferstehen lassen, wie es Anfang des 20. Jahrhunderts ausgesehen haben muss. Das Haus ist liebevoll restauriert und mit der ganzen Pracht ausgestattet, mit der sich die Bewohner damals umgeben haben. Es mischen sich traditionelle chinesische Elemente mit den modernen Errungenschaften der 20er-Jahre: eine Musiktruhe hier, ein Röhrenfernseher da, eine reichgedeckte Tafel im Erdgeschoss, ein schummriger Raum mit Opiumbetten weiter oben. Zwei Stunden wandele ich in der Pracht, kehre immer wieder in Räume zurück, in denen ich bereits war und staune auf’s Neue. Meist hat
der Handel die Baba Nyonya reich gemacht, aber sie wussten auch, ihren Reichtum für ein schönes Leben zu nutzen. Nach den von der Regierung forcierten Zerstörungen der 80er-Jahre, in denen Penang zu einem zweiten Hongkong oder Singapur werden sollte, hat sich Georgetown auf sein kulturelles Erbe besonnen. Der Weltkulturerbestatus aber auch das Engagement von Privatpersonen haben zum Glück dafür gesorgt, das einige der prachtvollen Gebäude im alten Glanz wieder erstrahlen. Die früheren Nyonya-Residenzen sind ein gutes Beispiel, aber auch die kleinen Häuser, wie die reizende Betel Nut Lodge, in der ich wohne, vermitteln einen wunderbaren Eindruck vom alten Penang. Und so kann ich mich noch ein paar Tage wie ein echter Nyonya fühlen.
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