Um halb sechs ist die Nacht zu Ende – weil ich gestern Abend nach der Wanderung viel zu müde war, um mich noch um eine Unterkunft in Irland zu kümmern und mich in alter Julia-Manier verpflichtet fühle, dass schnellstmöglich nachzuholen. Also greife ich nach dem Laptop und durchforste entsprechende Seiten, leider nicht sonderlich erfolgreich, und ärgere mich über mich selber. Ausgeschlafen fühle ich mich nämlich nicht. Als Eric nach etwa zwei Stunden dann aufwacht, zeigt er mir einen Vogel – Recht hat er…
Wir verlassen Cardigan heute und fahren in den Norden von Wales, in den Nationalpark Snowdonia. Unterwegs gibt es weitere wunderbare Blicke auf die spektakuläre Küste. Aber auch Zeit, sich mal darüber zu unterhalten, dass ich mir ständig Sorgen um irgendwas mache. Weil alles nicht nur gut, sondern perfekt sein soll. Natürlich auch diese Reise. Und einfach alles auf sich zukommen zu lassen, das muss ich noch lernen. Was soll zum Beispiel passieren, wenn ich es nicht finde, das perfekte kleine Cottage an einer Traumküste? Dann haben wir ein Auto, das uns zum nächsten Bed and Breakfast bringt und sogar ein Zelt, das wir an eben jener Traumküste aufbauen können. Also – ist doch alles Blödsinn, Schluss mit den Sorgen.
Dass das so nicht funktioniert, habe ich in den letzten Monat gelernt. Vollkommen kontraproduktiv, sich selber für dumm zu erklären, weil man sich so oder so verhält. Also sage ich mir schulbuchmäßig: toll, wie Du Dich immer um alles kümmerst. Aber so viel Kümmern braucht es gar nicht, der Reiz an dieser Reise ist doch, sich auf das Unvorhersehbare einzulassen. Now is the answer an now is the way…. Ob ich das dann aber wirklich glauben kann, bezweifele ich, wahrscheinlich muss der Mittelweg her. Fürs erste nehme ich mir vor, mich immer mal wieder zu ertappen bei der großen Planerei. Das wäre ja schon mal ein Schritt.
Die Landschaft gen Norden wird immer hügliger, eigentlich sind es fast schon Berge (wie war das mit dem Englishman, der den Hügel hochstieg und einen Berg hinabkam? Oder war’s rauf ein Berg und runter nur noch ein Hügel?). Viel Grün mit lauter weißen Tupfern, Schafe überall. Und dann gelangen wir an den See von Bala, tiefblau funkelt er in der Sonne. Unser B+B liegt oberhalb von LLanuwchllyn (na Coco, kannste das auch aussprechen?) mit Blick über See und Berge, sehr hübsch.
Das Zimmer ist ganz reizend und quite british, mit einem sehr gemütlichen Bett und alten Holzmöbeln. Wir laufen ins Dorf runter, vorbei an Kuh- und Schafweiden, und genehmigen uns im einzigen Pub ein Cider und ein Ale. Alle Tische sind belegt, also setzen wir uns zu einem alleinspeisenden Herren, mit dem sofort ein witziges Gespräch beginnt – über Campingplätze, die Europäische Gemeinschaft und Schwule in Amerika. Nach einer äußerst vergnüglichen Stunde verabschieden wir uns, laufen die Meile zum B+B zurück und genießen – nach dem Autobahnfeeling der vergangenen Nächte – die Stille auf unserer Felindre Farm.