Es ist heiß. So heiß, dass sogar ich mir langsam vorstellen kann, den kühlen Wind an Kanadas Ostküste zu genießen. Zudem nähert sich die Regenzeit mit Riesenschritten und beschert uns, dankenswerterweise meistens nur nachts, einen ordentlichen Guss. Der sorgt allerdings für eine ständige Luftfeuchtigkeit, die nichts mehr richtig trocknen lässt. Der leicht modrige Geruch hängt in der Bettwäsche und den Handtüchern fest, unsere Klamotten und Schuhe sind nach 10 Monaten Dauerbelastung und meist nur halbstündigen Kaltwaschgängen sowieso nicht mehr zu retten. Also, gut, dass Ihr uns nicht riechen müsst 🙂
Puerto Viejo hat uns mit seiner Gelassenheit und dem leicht verfallenen Karibikcharme so entschleunigt, dass wir beschlossen haben, gar kein anderes Ziel in Costa Rica mehr anzusteuern. Unser Bungalow hat alles was wir brauchen (Ventilator, Kaffeemaschine, Hängematte, Kühlschrank) und manchmal auch ganz anständiges Internet. Von unserer Terrasse beobachten wir andere Touristen kommen und gehen, sie bleiben im Schnitt etwa drei Tage, werden morgens von Tourbussen abgeholt und abends wieder gebracht. Hier kann man tolle Sachen erleben, es gibt Delfin- und Schnorcheltouren, Ausflüge nach Panama und Dschungelwanderungen, aber wir sind glücklich und zufrieden mit einem Kaffee in der Hängematte, einem karibischen Reisgericht im Restaurant um die Ecke und ab und an mit einem winzigen Ausflug in die Umgebung. Genau zwei mal haben wir die Strände im Süden besucht, einmal mit Fahrrädern, die genauso relaxt wie der Ort sind: schwere stabile Beachcruiser ohne Gangschaltung und Licht, dafür aber mit bequemem Sattel und Lenker. Die Strände sind schön, doch mit denen an der Pazifikküste können sie nicht ganz mithalten. Aber egal, für ein Planschen in den Wellen reicht es trotzdem und unser Lieblingsplatz ist sowieso die Hängematte.
So ganz langsam gehen uns nur die Viecher hier etwas auf die Nerven. Natürlich nicht die Brüllaffen, die wir abends aus dem Dschungel grunzen hören und auch nicht die wunderschönen Vögel, die durch den Garten schwirren. Aber wir werden gestochen und es juckt furchtbar. Das Moskitonetz beschert uns einigermaßen ruhige Nächte, aber so viel Insektenspray gibt es gar nicht, um sich die Plagegeister vom Leib zu halten. Winzige rote Ameisen haben heute Nacht unser Müsli überfallen und hinterlistig darauf gewartet, dass Eric leckere Bananen schneidet. Kaum hatte er die Flocken übers Obst geschüttet, kamen sie heraus und wir mussten uns geschlagen geben. Schweren Schwabenherzens überließen wir ihnen alles und fanden dafür einen viel besseren Platz für’s Frühstück. Bätsch!
Die Karibikseite Costa Ricas besticht vor allem durch ihr – wer hätte es gedacht – Karibikflair. Bunte Häuschen, Strand und Meer, Reggae und Cocktails und alles geht ein bisschen langsamer. Die dunklen Wolken, die spätestens am Nachmittag aufziehen, und das abendliche Dauer-Donnern schaffen eine fast schon gemütliche Atmosphäre. Und so lassen wir uns einlullen von dem „laid back feeling“, das über dem Ort liegt, freuen uns, wenn uns die Frau im Supermarkt um die Ecke schon wie Stammkunden begrüßt, testen immer mal wieder das Essen in anderen Restaurants, um reumütig in „unser“ Soda (so heißen die kleinen, einfachen Restaurants mit costa-ricanischer Hausmannskost) zurückzukehren. Morgen hat die Idylle dann aber ihr Ende, um 9 geht der Bus nach San Jose und übermorgen fliegen wir nach Toronto.
Wir hätten beide nicht gedacht, dass wir
so lange in Costa Rica bleiben. Liebe auf den allerersten Blick war es ja nicht und wir können nur davon abraten, einen Urlaub hier mit San Jose zu beginnen. Aber die Natur und Tierwelt sind absolut begeisternd, die Fahrten durchs Land abenteuerlich, das Essen und vor allem die tropischen Säfte lecker, die Unterkünfte sauber und alles viel stressfreier, als wir es von Mittelamerika je erwartet hätten. Also, insgesamt eine gute Entscheidung. Natürlich hätten wir
auch noch Panama besuchen können, aber dahinter liegt dann Kolumbien und das soll auch so schön sein, und dann ist man eigentlich schon in Südamerika und Peru wollten wir immer mal und und und. Es gibt noch so viel zu sehen und zu bereisen, damit könnten wir die nächsten fünf Jahre locker füllen. Also: wir sind megazufrieden mit dem Land, freuen uns aber auch schon auf Kanada. Maximal 23 Grad hat’s da am Montag und die Woche bleibt wohl so. Bin mal gespannt, wann ich mich in die Hitze Puerto Viejos zurückwünsche.