Jetzt ist er da, der letzte Abend in Laos. Mein Visum läuft aus, also brauche ich mir auch gar keine Gedanken zu machen, ob ich mir noch mehr hätte anschauen können hier – was sicher der Fall gewesen wäre.
Zeit, ein Resümee zu ziehen. Ich habe jetzt fast alle Länder Südostasiens bereist – Brunei fehlt, der ewige Stachel im Fleisch, aber vollkommen anders als Malaysia wird es nicht sein. Also fange ich mal an, Laos ein wenig zu vergleichen.
Der einzige Staat in Südostasien ohne Zugang zum Meer, das ist vielleicht auch der Grund, warum der Massentourismus hier noch nicht angekommen ist und hoffentlich noch lange wegbleibt. Aber wer braucht schon das Meer, wenn es die wunderbaren 4000 Islands gibt. Laos ist fester Bestandteil der Backpackerroute und hier findet man es noch, das Thailand-Feeling von vor 30 Jahren, die kleinen Hütten für ein paar Euro die Nacht. Anders als in Myanmar, wo man besonders in Yangon merkt, dass große Veränderungen unterwegs sind, der Boom schon angefangen hat, scheint das in Laos gar kein erstrebenswertes Ziel zu sein. Selbst in der Hauptstadt sucht man die glitzernden Malls und amerikanische Fastfoodketten vergeblich. Dafür könnte es zwei Gründe geben und beide heißen PDR: entweder die kommunistische Grundidee der „Peoples Democratic Republic“ oder die laotische Grundeinstellung „Please Don’t Rush“.
Was mir sehr positiv aufgefallen ist, ist die Sauberkeit in Laos. Natürlich haben sie ein Müllproblem und auch das Abwassersystem ist nicht das modernste, aber wie einfach die Unterkunft auch immer war – es war blitzesauber. Wenn ich da an unsere ersten Reisen nach Malaysia oder Indonesien denke… Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass die Laoten ein Händchen dafür haben, schöne Plätze entstehen zu lassen. Die stimmungsvollen Cafes in Savannaketh, die schönen Bungalowrestaurants, die tollen Hotels in Luang Prabang oder auch die entspannte Dachterrasse des Pakse Hotels, auf der ich gerade die Happy Hour genieße (ich bestellte ein Beerlao, es kamen zwei, ist halt gerade two for one) – man findet an jedem Ort ein schönes Plätzchen. Wenn da nur nicht die Leidenschaft für laute Musik wäre…
Die tiefe Spiritualität des Landes, die man sich trotz aller Touristen erhält, erinnert mich ein wenig an Bali – die morgendlichen Opfergaben an die Mönche gehören hier nach wie vor zum ganz normalen Alltag. Im benachbarten Thailand hat man ja manchmal das Gefühl, die Menschen hätten die Seele des Landes an den Tourismus verkauft, das ist in Laos eindeutig nicht der Fall.
Kulinarisch suche ich noch nach der laotischen Einzigartigkeit – wahrscheinlich gibt es sie gar nicht. Es scheint ein bunter Mix aller umliegenden Einflüsse zu sein, mal sehr vietnamesisch, mal Thai oder französisch, aber das Essen ist immer gut.
Die Menschen hier habe ich vorwiegend freundlich erlebt, vor allem außerhalb der touristischen Zentren gab es tolle Begegnungen, besonders mit den Kindern. Es ist nicht die absolut überwältigende Freundlichkeit der Phillippinos, aber eben auch nicht die unangenehme Geschäftstüchtigkeit der Vietnamesen.
Laos kulturell einzuordnen finde ich ganz schwierig. Natürlich gibt es Luang Prabang mit seiner Fülle an phantastischen Tempeln, aber eigentlich war’s das dann auch schon. Zerstörerische Kriege sind über das Land gegangen und scheinen vieles mit sich genommen zu haben, denn kulturelle Einzigartigkeiten wie das Puppentheater in Hanoi, die ausdrucksstarken Tänze in Kambodscha, die Schattenspiele in Malaysia oder Indonesien habe ich hier nicht entdeckt.
Der Charme von Laos machen einerseits das unglaubliche Luang Prabang und die Naturwunder hier im Süden aus, aber vor allem die Normalität der Städte und die Ursprünglichkeit der Dörfer. Möchte man Sehenswürdigkeiten abklappern, ist man in Laos schnell durch und es reicht wahrscheinlich, ein paar (sehr lohnenswerte) Tage in Luang Prabang zu verbringen. Ich bin wirklich dankbar, dass ich die Zeit hatte, auch an den weniger spektakulären Orten zu verweilen und mich ein bisschen vom „please don’t rush“ der Laoten einnehmen zu lassen. Vielleicht ist das sogar die wichtigste Erfahrung, die ich aus diesem Land mitnehme.
Ich bin jetzt seit anderthalb Jahren unterwegs und stelle fest, dass es mir von mal zu mal schwerer fällt, ein Land, einen Ort zu verlassen. Der Mensch versucht doch, Wurzeln zu schlagen, und die dünnen Triebe zu kappen, die innerhalb von ein paar Wochen gedeihen können, ist schmerzhaft. Heute Morgen mit dem Boot an meiner Unterkunft an Don Khone vorbei zu fahren, zu sehen, dass mein Zimmer für den nächsten Reisenden vorbereitet wird, war schon nach nur einer Woche schwierig und umso schöner dann heute die Ankunft im Pakse Hotel, wo sogar mein altes Zimmer auf mich wartete. Ich stelle das immer mehr fest – wo auch immer ich bin und je länger ich reise, desto schneller versuche ich, mich zuhause zu fühlen und Rituale zu entwickeln. Auf meiner Insel war es das frühe Aufwachen, der verschlafene Gang zum Restaurant nebenan, sagen musste ich nichts, sie setzte sofort einen laotischen Kaffee mit viel süßer Kondensmilch auf, den ich mit in die Hängematte nahm, zahlen konnte ich später, wenn ich die Tasse zurückbrachte, und im Frühstücksrestaurant wurde ich fast wie ein Familienmitglied begrüßt. Auch eine Erkenntnis des langen Reisens, diese Fixpunkte im alltäglichen Leben sind unumgänglich.
Und morgen dann Kambodscha. Auch schon sehr lange her, dass wir dieses Land besucht haben. Angkor Wat spare ich mir, das damalige Erlebnis, die Tempel ganz für sich alleine zu haben, ist unwiederbringlich. Aber ich bin so gespannt auf Pnomh Phen, eine Stadt, die damals zwar beeindruckend, aber auch ein wenig furchteinflößend war, mit großer Armut und einer schwierigen Sicherheitslage. Das ist sicherlich anders geworden und ich gehe morgen mal das Risiko ein, die Einreise ohne Weiterflugticket zu wagen und spontan zu entscheiden, wann ich weiter will. Südostasien ist schon unglaublich – so viele Möglichkeiten, so viel Kultur, so gutes Essen, so eine spezielle Atmosphäre, so günstig. Vielleicht kann ich ja den einen oder die andere durch diesen Blog inspirieren, sich auch mal auf den Weg zu machen. Hier wartet ein ziemlich idealer Einstieg dafür!