Namibia ist spektakulär. Die Weite, die Landschaft, die Tiere. Die Menschen sind entspannt und freundlich, man fühlt sich willkommen und sicher, das Essen ist klasse und selbst die hinterste Toilette im abgelegensten Nationalpark ist sauberer als ihr Pendant an einer deutschen Autobahn. Und nirgendwo auf der Welt haben wir so oft so traumhaft übernachtet. Ohne dafür ein Vermögen hinzulegen.
Den allergrößten Wow-Effekt erlebten wir in der Vingerklip Lodge: die an den Berg gebauten Chalets mit großen Terrassen bieten einen sensationellen Blick. Auf die Tafelberge, auf die Felsnadel, die der Lodge den Namen gibt, und auf das Tal, das der meist ausgetrocknete Ugab-Fluss gegraben hat. Als Zugabe ein Wasserloch, an dem sich Kudus, Springböcke und Zebras treffen. Selten hat mich ein Hotelzimmer beim Betreten sprachlos gemacht und noch nie haben wir mit solch spektakulärer Aussicht übernachtet. Gut essen kann man dort auch, aber ganz einzigartig wird es, wenn man den Tafelberg neben der Lodge besteigt und das Abendessen im Eagles Nest Restaurant genießt. Was für ein Blick über das Tal!
Ein Drittel unserer Nächte in Namibia haben wir im Zelt verbracht. Ich schwärmte ja bereits. Zumindest ich war bisher nicht unbedingt der ultimative Camping-Fan, obwohl wir in Australien, Neuseeland und den USA schon tolle Zelterlebnisse hatten. Aber das Campen in Namibia ist damit nicht zu vergleichen. Nirgendwo sonst haben wir so komfortabel, so spektakulär und so einsam gezeltet. Und das fast immer. Ein Highlight war unser letzter Zelteinsatz im Mountaincamp von Namibgrens – Openair-Toilette und -Dusche in die Felswand eingebettet, das Zelt in einem geschützten Unterstand, kaum dass wir da waren, tobten Paviane von einem Felsen zum anderen. Und dann wurde uns noch ein frischgebackenes Holzofenbrot bis ans Zelt geliefert. Der Abschied fiel sehr schwer.
Unser schönes Zelt durfte in Namibia bleiben, der sehr nette Jugenddiakon der Evangelischen Kirche von Windhoek hat sich darüber gefreut und wir sind wirklich neidisch auf die Abenteuer, die es noch erleben wird.
Wem Zelten zu unbequem ist, der sollte es mal mit Camping2Go der namibischen Hotelkette Gondwana Collection probieren. Ein perfekt ausgestattetes riesiges Zelt mit großem Bett, tollem Badezimmer, riesiger Outdoorküche – ich wollte da nicht mehr weg. Eigentlich waren wir ins abgelegene Palmwag gekommen, um Waldelefanten zu sehen, die regelmäßig die Lodge durchqueren. Aber – kein Elefantenglück in Namibia. Doch das Luxuszelterlebnis zum Schnäppchenpreis von knapp 80 Euro war den langen holprigen Anfahrtsweg auch ohne Dickhäuter wert.
Auf den Gästefarmen in Namibia kann man eine Menge Geld loswerden. Pro Nacht werden in den luxuriösen Lodges schon mal mehrere hundert Euro fällig. Aber selbst wenn sie schmerzhaft teure Zimmer anbieten – oft haben sie auch noch einen Campingplatz, der einen die schöne Farm genießen lässt ohne ein Riesenloch in die Reisekasse zu reißen. Zwischen 10 und 15 Euro pro Nacht und Person zahlt man für den maximalen Campinggenuss und die schöne Umgebung kriegt man ja eh gratis dazu.
Aber es gibt auch eine große Zahl von Gästefarmen, in denen sich Otto Normalreisender ein Zimmer leisten kann. Die Jansen Kalahari Farm wird uns wegen der freundlichen Giraffen und der großen Liebe ihres Eigentümers zu seinem Land in Erinnerung bleiben. Seit vielen Generationen gehört die Farm seiner Familie und seine Augen blitzen immer noch, wenn er von seinen Tieren, seinem Land spricht. Bei einem Farmdrive, bei dem wir ganz namibisch auf der Ladefläche seines Pickups stehend Richtung Dünen fuhren, gab er uns einen Überblick über seine schöne Farm. Rinder, Ziegen, Springböcke, ein bisschen Gemüse und etwas Tourismus – das ist hoffentlich das Überlebenskonzept. Du wirst nicht Farmer, um reich zu werden, sagt er uns, sondern um das Glück zu haben, auf diesem Land arbeiten zu können. Auch wenn es sehr hart sein kann. Die Dürre 2019 war furchtbar und verlustreich. Und kaum war sie überstanden, kam Corona und der gerade etablierte Tourismus auf der Farm brach zusammen. Es muss die ganz besondere Liebe zu dem Land sein, die ihn trotzdem weitermachen lässt. Wir fahren schwungvoll auf eine der roten Dünen der Kalahari, mittlerweile steht die Sonne tief. Wir steigen vom Pickup, der Farmer zaubert einen Tisch mit Tischdecke hervor, eine Platte mit köstlichem Fingerfood, Wein und Bier. Die perfekte Ausrüstung für einen perfekten Sundowner.
Die Rivercrossing Lodge bei Windhoek könnte mit ihrer Lage hoch in den Bergen und mit wunderschönem Blick ein weiteres Highlight sein, würde unten im Tal nicht lautstark an einer neuen Umgehungsstraße gebaut werden. Genossen haben wir es trotzdem. Aber hier ging unsere Reise durch ein Land, das uns begeistert hat, leider auch zu Ende.
Mit ein wenig zeitlichem Abstand merken wir jetzt, welch tiefe Eindrücke die Erlebnisse in Namibia bei uns hinterlassen haben. Zwei weitere Länder haben wir seither bereist, die vor Schönheit nur so strotzen, aber wir sind immer noch gefangen von Namibia, der Natur, der Weite, dem Gefühl der Freiheit, das man hier ganz besonders stark empfindet.
Und dabei sind wir kaum eingetaucht in die Gesellschaft des Landes, hatten wenn überhaupt überwiegend Kontakt mit der weißen Bevölkerung. Ein Township zu besuchen oder eines der Himba-Dörfer rund um Uis, eine Herero-Siedlung – das ist eine Art Tourismus, vor der wir zurückschrecken. Es gab die kleinen Eindrücke, wie der fast skurrile Anblick der barbusigen Himba-Frau, die im kleinen Supermarkt von Uis ihren Einkaufswagen durch die Regalreihen schob. Aber zu Gesprächen kam es selten. Irritiert hat uns der schwarze Polizist, der uns bei einer Routineverkehrskontrolle stoppte und während wir noch nach dem Führerschein kramten, meinte, wir sollten weiterfahren, „Leute wie ihr haben einen Führerschein.“ Womit er weiße Leute meinte. Sehr genossen haben wir unseren Nachmittag in Otjiwarongo, nach dem überwiegend „weißen“ Windhoek gab uns diese fröhliche Stadt mit einem hohen schwarzen Bevölkerungsanteil die Gewissheit, dass wir uns mitten in Afrika befinden.
Doch auch wenn unsere kulturellen Eindrücke sich weitgehend auf deutsche Kolonialromantik in Swakopmund und Kolmanskoop beschränkten, wir haben den Eindruck, dass in Namibia eine Gesellschaft entstanden ist, die funktioniert mit ihren vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Die die durch Südafrika aufgezwungene Apartheid Schritt für Schritt hinter sich lässt. Eine freundliche und offene Gesellschaft, die Namibia neben den unglaublichen Naturwundern zu einem perfekten Reiseziel macht.