Jetzt liegt auch Manila hinter uns und ich bezweifle mal, dass ich dort noch mal hinkomme. Aber wer weiß. Jedenfalls mussten wir heute morgen
auf unser Frühstück verzichten und um 6 Uhr zum Hafen aufbrechen. Nach 25 Minuten waren wir da – nix eine Stunde, wie uns prophezeit worden war. So waren wir also zweieinhalb Stunden vor Ablegen unseres „John Paul II.“ am Pier. Und erlebten dann eine philippinische Version des Traumschiffs. Denn wir haben ja einen „State Room“ und damit erste Klasse gebucht. Eine sehr gute Entscheidung, wie sich noch rausstellt.
Im Passagierterminal bekommen wir eine persönliche Betreuung, man trägt mir den Rucksack ins Schiff und wir finden uns in einer Art VIP-Lounge wieder, alles in schreiendem Pink gehalten, und zur Einstimmung spielte die dreiköpfige Bordkapelle. Dann wurden wir in unsere Kabine geführt, ein kleiner Vorraum mit – ja, wie soll man das nennen? Chaiselongue? Designverbrechen? Jedenfalls kann man den Rucksack ganz passabel drauf ablegen. Im Hauptraum ein Doppelbett mit direktem Blick hinaus aufs Meer und ein Einzelbett, darauf zum Schwan geformte Handtücher. Alles sauber, auch das kleine Badezimmer, aber man sieht, dass hier schon viele Filipinos die Überfahrt nach Cebu gewagt haben. Wir erkunden zunächst das Schiff und geraten in den großen Ess- und Entertainmentsaal. Und da geht’s schon los: Karaoke! Kaum jemand sitzt im Saal, aber zwei einsame Sänger trällern schon ins Mikrofon. Das wird sich den ganzen Tag auch nicht ändern. Offensichtlich ganz normal hier, ob man jetzt singen kann oder nicht (die Dame gerade kann es definitiv nicht), ob in der Gruppe oder allein, man setzt sich hin, singt los und beschallt damit den gesamten Raum. Dahinter befindet sich das Sonnendeck, die einzigen Sitzgelegenheiten hier sind den Rauchern vorbehalten. Wir blicken auf den Hafen von Manila, an dessen Containerstraßen sich ein riesiger Slum entlangzieht. Von hier kann man auch die Dunstglocke, unter der die Stadt liegt, erkennen. Die Dieselschwaden der Schlepper lassen uns das Ablegen mit vor den Mund gepresstem Tuch erleben. Nachdem wir den Hafen verlassen haben gehen wir in unsere Kabine und beziehen unser Kino: Auf dem Bett liegend blicken wir durch die große Scheibe hinaus, Inseln ziehen an uns vorüber, ab und an läuft ein Passagier vorbei, ein kleiner Junge wird bös ausgeschimpft und wischt sich die Tränen aus den Augen. Wir dösen immer mal wieder weg, lesen und schauen einfach nur raus. Wir zahlen zwar ein vielfaches des Preises der Touristenklasse, aber an deren Unterkunft sind wir vorhin vorbeigelaufen: etwa 150 Schlafstätten in Reihen von Doppelstockbetten in einem großen fensterlosen Saal, der von Neonröhren erhellt ist und in dessen Ecken Fernseher düdeln.
Bis eins gibt es Mittagessen, also verlassen wir unsere Logenplätze und gehen in den Essenssaal – um dort belehrt zu werden, dass uns unsere Vollpension im First-Class-Restaurant serviert wird. Als wir dort ankommen, ist es kurz vor 1 und das Buffet fast leer. Wir bestellen den Fisch, zunächst wird uns eine Suppe serviert, dann kommt der kalte Fisch – hätten wir am Abend zuvor nicht ein hervorragendes
Essen genossen, würden wir mit der philippinischen Küche abschließen. Aber kein Problem, es gibt einen kleinen Bordshop, wo man Schokolade und Chips kaufen kann. Wasser und Kaffee gibt es allerdings nicht pur: zum Kaffee gibt es immer ein süßes Brötchen und zur Flasche Wasser Cracker dazu. Ist sonst vielleicht zu kalorienarm, denn die allerwichtigste Zutat ist hier Zucker. Viel viel Zucker, gerne auch mal im Curry. Angeblich stellt Heinz extra für die Philippinen einen besonders zuckrigen Ketchup her.
Es folgt die Nachmittagsvorstellung in unserem Kino – totales Faulenzen, herrlich. Der Himmel ist verhangen, draußen verpassen wir wenig, der Sonnenuntergang auf dem Sonnendeck reicht uns. Das Abendessen passt zum Lunch, also ab zum normalen Volk beim Karaoke. Hui, es wird immer schräger, doch sie scheinen es zu lieben. Alles sehr entspannt, neben zwei betagten Herren, deren philippinische Frauen eher ihre Pflegerinnen sein könnten, sind wir die einzigen Westler an Bord, werden immer wieder sehr freundlich gegrüßt und ansonsten in Ruhe gelassen. Morgen früh um 7 sollen wir in Cebu ankommen und wir freuen uns jetzt auf die Spätvorstellung in unserem Kino.
Julia, Erric,
bin gerade in ,zeit online, ueber euren reise blog gestolpert – knapp, erfrischend und dabei das wesentliche eingefangen. als seefahrer habe ich die moeglichkeit gehabt, orte die ihr nun bereist bereits vor 30, 40 jahre zu besuchen. Japan und Philippines sind gut beschrieben (habe drei jahre in manila gearbeitet/ gelebt, gefolgt von Singapore, Vancouver, glasgow, boston – im moment sitze ich in hong kong auf einer park bank und lasse den tag ausklingen).
wuensche euch alles alles gute – enjoy the rest of the journey. der weg ist das ziel.
gruesse hajo
Lieber Hajo,
danke für Deine guten Wünsche! Philippinen und Japan vor 30, 40 Jahren, das muss sehr exotisch gewesen sein! Einen schönen Abend noch in Hong Kong!
Viele Grüße Julia + Eric