Fredericton, die Hauptstadt von New Brunswick, ist ein sehr gelassener Ort, dem man anmerkt, dass die Menschen gerne dort wohnen und es sich deswegen schön machen. Das wunderbare Wetter verstärkt diesen Eindruck noch und so beginnen wir den Tag mit einem Besuch des Farmer Markets. In und um eine kleine Markthalle werden Produkte der Region verkauft und man hat den Eindruck, als würden hier wirklich die Hausfrauen der Umgebung ihre Spezialitäten anbieten. Das Brot- und Wurstsortiment ist fest in deutscher Hand: wir kaufen ein paar Landjäger bei Elke, verschmähen dann aber die Laugenbrezeln von Kurt: viel zu groß und ohne knackige Ärmchen, bayrisch halt, und mit seinem Dresdner Bäckerdiplom kommt er eindeutig nicht aus der Expertenregion. Das Keksangebot scheint vor allem schottisch geprägt und ich erstehe „Buttercrunch Oatmeal Shortbread“. Wir lassen uns auf dem Rasen vor dem Markt nieder, so wie viele Familien, und ich teste meinen Einkauf. Der erste Biss zerschmilzt im Mund, Karamell und Toffee mit ganz leicht salziger Unternote und haferflockigem Finish, das doch noch zum Kauen einlädt – das sind die besten, wirklich die allerbesten Kekse, die ich je gegessen habe. Wow!
Wir bummeln weiter durch die Stadt: die Dame vom Wollladen hat Stühle vor ihr Geschäft gestellt und frau trifft sich dort zum geselligen Stricken, auf der Terrasse vor dem Leuchtturm direkt am blauen Fluss erholen sich die Samstag-Nachmittag-Shopper bei Kaffee und Bier, der Fahrradverleih am Ufer ist gut ausgelastet und kleine weiße Motorboote ziehen vorbei. Wir kaufen uns Sushi im Supermarkt und lassen uns in einem der vielen kleinen Parks nieder. Ich liege auf meiner neuen Yogamatte (die letzte steht bestimmt immer noch in einem Hotelzimmer in Costa Rica) und schaue in den blauen Himmel, nein, eigentlich betreibe ich intensiv Shavasana. Nach so viel Chillen wollen wir uns doch wenigstens noch die andere Uferseite anschauen und überqueren den Fluss. Schon mittags hatten wir von dort Musik gehört, eher nur Getrommel, und je näher wir kommen desto lauter wird es. Ein kleines Fest, da schauen wir doch mal. Wir schlängeln uns zwischen Ständen hindurch, die Musik wird immer lauter, Menschen in Indianerkostümen tanzen – wir sind in einem echten Powwow gelandet. Angehörige verschiedenster First Nations – die kanadische Bezeichnung für die indigenen Völker – treffen sich, vor allem zum Tanzen, aber auch zur Förderung der Gemeinschaft. Wirklich faszinierend und vollkommen umtouristisch. Was für ein Glück, auch noch diesen Teil der kanadischen Gesellschaft erleben zu können.
Das Wetter ist toll, die Landschaft auch – jetzt wäre es doch endlich mal wieder Zeit für ein kleines Zeltabenteuer! Zwei Zelte hatten wir bisher schon, das erste nahm Michael für uns von Los Angeles nach Stuttgart mit, unser schönes Kiwizelt aus Neuseeland erreichte mit dem Schiff von Bali nach zwei Monaten die Heimat. Jetzt also Zelt Nummer drei, günstig aus dem Supermarkt. Wir fahren an die Bay of Fundy, der Bucht zwischen New Brunswick und Nova Scotia und finden dank der netten Dame aus der Touri-Information einen schönen Campingplatz am New River Beach. Neugierige Eichhörnchen und ein Hase begrüßen uns in einem kleinen Märchenwald, ein nettes Plätzchen ist sofort gefunden, aber warum ist es eigentlich so kalt hier? Sommerliche Temperaturen in Fredericston und auch noch im 30 km entfernten St Andrew bei der Touristen-Info. Na, das wird schon. Einen Streit später steht das neue Zelt und wir brechen zu einem Abendspaziergang ans Meer auf. Eine ziemlich steife Brise weht hier und wärmer wird es dadurch nicht. Ein Gläschen Rotwein wird’s vielleicht richten und dann ziehen wir halt was vernünftiges an. Mit Leggings, Socken, T-Shirt, und Fleesejacke bekleidet schlüpfe ich in den Schlafsack, darüber noch die Decke aus Nepal – aber so richtig kuschelig wird’s nicht in der Nacht. Erholsam ist was anderes und so kriechen wir am Morgen aus dem Zelt und fühlen uns auf eine ganz andere Art gechilled als am Vortag. Wir beschließen, die nächste Nacht in jedem Fall wieder in einem Haus zu verbringen. Irgendwo in Nova Scotia, der angrenzenden Provinz. Beim Frühstück im warmen Tim Hortons mit einem großen heißen Kaffee entscheiden wir uns dann doch für Prince Edward Island oder, as we say in Canada, Pi -I – Ei. Eine lange Brücke bringt uns übers Meer und jetzt sind wir in Kanadas kleinster Provinz. Unser warmes Häuschen ist innen eher schlicht – aber ansonsten einer der schönsten Orte der Welt. Was für ein toller Blick übers Meer! Wir werden berichten.