Lampang ist ein gemütlicher Ort, eine Kleinstadt mit etwas über 50.000 Einwohnern ohne große touristische Infrastruktur. Im Lada House, meiner Unterkunft, gibt es Fahrräder, die perfekt zum Laura Ashley-Design passen, früher sagte man Gesundheitslenker, jetzt Retrodesign. Eins davon will ich mir schnappen, aber da kommt schon meine Vermieterin angelaufen, prüft den Reifendruck, befindet, dass Luft nachgefüllt werden müsse, pumpt nach und legt mir noch zwei Orangen in den Fahrradkorb „For lunch.“. 🙂
Ich schwinge mich auf den Sattel, ziemlich bequem und diesmal tun die Bremsen auch. Dann kurve ich einfach mal los. Vielleicht noch ein Lob an den lieben Eric: sein Tipp mit den Online-Maps ist klasse, ich will zwar nirgendwo hinfinden, aber ich weiß, dass ich jederzeit zurückfinde und das gibt mir die Freiheit, überall dort abzubiegen, wo es interessant aussieht. Und das tut es an vielen Ecken in Lampang. Wats, die typisch thailändischen Tempelanlagen, gibt es hier wirklich überall und in unterschiedlichen Architekturstilen. Als erstes finde ich einen gleißend weißen Wat mit blinkenden Silberverzierungen im Stil des berühmten Wat Rong Khun in Chiang Rai. Fast etwas kitschig, gut, kann ich mir die Reise auch sparen. Dann mal auf die andere Seite des Flusses, die wichtigsten Wats liegen dort. Die Orientierung hier fällt nicht schwer und es gibt doch tatsächlich so etwas wie einen Fahrradweg zu den wichtigsten Attraktionen. So finde ich den Wat Pongsanuk ganz unproblematisch. Ein schöner traditioneller Wat mit einem liegenden Buddha und ohne Touristenströme, sehr angenehm. Um die Ecke dann ein weiterer Wat, ich will nur kurz hineinschauen, aber da habe ich nicht mit Surasak Saibundit gerechnet. Ich laufe um den Tempel herum, da kommt er aus einem Haus herausgelaufen und fragt „Do you speak Thai?“. Nein, tue ich leider nicht. Da nimmt er mich am Arm und führt mich herum, deutet auf einen Hund „Ma“, auf den Tempel „Wat“, auf sich „Puchay“ (Mann), auf mich „Pujing“ (Frau). Er führt mich zu einer Statue, berichtet eine Göttergeschichte (oh, so ganz habe ich sie nicht verstanden). Zwei thailändische Touristen kommen dazu, er entschuldigt sich bei mir, er müsse jetzt alles noch mal auf Thai erklären. Ich bedanke mich bei ihm und will weiter ziehen, da kommt er hinter mir her. Nix da, hier geblieben, das beste fehlt ja noch. Er führt mich zu einem offenen Haus am Eingang der Anlage, vor dem mehrere Menschen mit gefüllten Tabletts warten. Drinnen sehe ich einen Mönch sitzen, der die Gaben entgegen nimmt und die Gläubigen segnet. Ob ich ihm auch etwas geben möchte. Klar, mach ich. Surasak verschwindet kurz, kommt mir drei Wasserflaschen zurück, 20 Baht. Das ist nicht viel, hoffentlich endet das nicht in einer kleinen Bescheißerei. Ich erinnere mich noch sehr gut an Laos vor vielen Jahren, als ich früh morgens an der Speisung der Mönche teilgenommen habe, zwei Frauen mir ständig Essenportionen gaben, die ich an die Mönche weiterreichte und sie uns danach eine heftige Rechnung präsentierten. Surasak sorgt erst mal dafür, dass ich über einen Nebeneingang direkt in die erste Reihe vor den Mönch komme. Ich soll mich hinknien und meine Wasserflaschen überreichen. Dann bekomme ich einen Briefumschlag, noch mal 20 Baht soll ich da rein tun und meinen
Namen draufschreiben. Ok, das mach ich noch, die anderen hier tun es auch und 20 scheint das Standardopfer zu sein. Der Mönch murmelt fortwährend Gebete, greift die Umschläge, baut die darauf stehenden Namen in seine Litanei ein, ich verstehe „Julia“. „That’s for good luck, health and happiness.“ Klasse, mein excellent luck aus Japan kann gerne noch ergänzt werden. Ich soll dann meinen linken Arm hinstrecken, der Mönch bindet mir ein weißes Baumwollband um das Handgelenk und bastelt dann aus einem weiteren Band und einem herzförmigen Anhänger eine Kette, die er mir umhängt. Jetzt bin ich schon ziemlich ergriffen. Damit bin ich fertig, andere rücken nach. Surasak führt mich hinaus, ich soll mich unter einen Baum setzen, er bringt mir eine Flasche Wasser, Bananen eine Postkarte vom Wat und eine Art Visitenkarte des Mönchs. Das würde er mir alles schenken. Dann schreibt er seine Adresse auf die Postkarte und bittet mich, ihm meine Adresse in sein Notizbuch zu schreiben. Ich bedanke mich und habe jetzt ein ziemlich schlechtes Gewissen, dass ich ihm böse Absichten unterstellt habe. Ich bin schon bei meinem Fahrrad, da kommt er noch mal, ein junges Mädchen mit Handy im Schlepptau. Ah, ich verstehe, er will ein Photo. Kriegt er natürlich und ich reiche dem Mädchen auch noch mein Handy. Danke, Surasak, für dieses schöne Erlebnis.
Ich kurve weiter durch die Straßen, hier auf dieser Seite des Flusses gibt es ruhige Wohngegenden mit vielen traditionellen Holzhäusern. Kleine Kinder winken mir zu, ältere Frauen schauen verwundert, was diese Radlerin hier zu suchen hat, lachen dann aber freundlich. Unten am Fluss grasen Pferde, hier haben die Kutscher ihre Lager, in Lampang gibt es noch Pferdekutschen, auch wenn sie meist für Touristen eingesetzt werden. Irgendwann wechsele ich wieder auf die andere Flussseite, Brücken gibt es hier genug, und genehmige mir zum Abschluss noch einen Wat. diesmal im burmesischen Stil. Watsatt kehre ich ins Lada House zurück, setze mich in den schönen Garten und freue mich schon auf einen weiteren Besuch beim Currygott auf dem Nachtmarkt.